Erfurt. Flüchtlingen soll der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erleichtert werden. Dafür beschlossen die für die Integration zuständigen Landesminister am Donnerstag einstimmig auf einer Fachkonferenz in Erfurt, die sogenannte Vorrangprüfung vorübergehend auszusetzen. Dies erklärte Thüringens Migrationsminister Dieter Lauinger (Grüne) unmittelbar nach dem Zusammentreffen
Die Einstimmigkeit dieses Beschlusses hat indes einen Makel: Der Freistaat Bayern hatte unmittelbar vor Beginn der Konferenz seine Nichtteilnahme erklärt. Bei den Fachministern stieß das auf zum Teil heftige Kritik. Offensichtlich wollte Bayerns Regierungschef Horst Seehofer (CSU) auf diese Weise ein klares Signal aus Erfurt in die Runde der Ministerpräsidenten verhindern, hieß es. Es sei jetzt Sache der Bayern, zu konstruktiven Gespräche zurückzukehren, erklärte Nordrhein-Westfalens Sozialminister Rainer Schmeltzer (SPD). Die demonstrative Abwesenheit der bayerischen Sozialministerin Emilia Müller, in deren Aufgabenbereich auch die Integration von Flüchtlingen fällt, knüpft an eine Reihe von brüsken Erklärungen und Provokationen aus Bayern an. Erst am Mittwoch hatte Ministerpräsident Horst Seehofer Kanzlerin Merkel in der Flüchtlingsfrage »keine respektvolle Haltung gegenüber dem Wähler« vorgeworfen.
Die »Vorrangprüfung« macht es für nicht-europäische Ausländer zur Zeit noch kompliziert eine Arbeit in Deutschland anzunehmen. Bevor ein Unternehmer mit einem Geflüchteten einen Arbeitsvertrag abschließen kann, muss er einen Antrag bei der Agentur für Arbeit stellen. Diese prüft erst die Bedingungen unter denen eingestellt werden soll. Danach versucht die Arbeitsagentur einen »bevorrechtigten« Arbeitslosen für die Tätigkeit zu finden. Nur falls niemand in Frage kommt, kann ein Geflüchteter mit der Arbeit anfangen. Das ganze Prozedere kann bis zu sechs Wochen dauern. Genau hier soll der aktuelle Beschluss der Fachminister Abhilfe bringen.
Zeitgleich mit den Fachministern trafen sich ebenfalls am Donnertag auch die Ministerpräsidenten der Länder in Berlin - Horst Seehofer war mit dabei. Als Ergebnis ihrer Beratung wollen die Länder den Druck auf den Bund in der Frage der Integrationskosten für Flüchtlinge massiv erhöhen. Die vom Bund übernommene monatliche Pauschale von 670 Euro pro Flüchtling reiche bei weitem nicht aus, sagte Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD). Damit seien nur etwa 10 bis 15 Prozent, »vielleicht hier und da auch mal 20 Prozent« der Kosten gedeckt, sagte der SPD-Politiker. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte, selbst die 50:50-Aufteilung, wie sie bislang von den Ländern gefordert wurde, sei für die ärmeren Bundesländer nicht zu tragen. Agenturen/nd Kommentar Seite 4
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1005629.fluechtlinge-in-lohn-und-brot.html