nd-aktuell.de / 02.04.2016 / Kultur / Seite 26

Direkte Demokratie für Schiffstaufe

Die britische Umweltforschungsagentur will ihrem neuen Polarschiff einen Namen geben. Bei der Internetabstimmung liegt derzeit allerdings ein Klamaukname weit vorn

Barbara Barkhausen

Noch ist nichts entschieden, doch eine Namensabstimmung für ein Forschungsschiff, das ab 2019 in der Antarktis kreuzen soll, macht derzeit weltweite Schlagzeilen. Denn der mit über 25 000 Stimmen bisher unangefochtene Favorit der Abstimmung im Internet ist der Name RRS Boaty McBoatface. RRS steht dabei für »Royal Research Ship«, also königliches Forschungsschiff. Boaty McBoatface lässt sich dagegen nur schwer übersetzen. Der Name - deutsch etwa Bootsmann McBootsgesicht - ist eindeutig als Witz gemeint.

Doch laut der Internetgemeinde soll das der Name für eines der ehrwürdigen Schiffe der britischen Polarforschung werden, dessen Bau 200 Millionen britische Pfund (260 Millionen Euro) kosten wird. Das Schiff wird 128 Meter lang sein, 60 Tage am Stück auf See verbringen und dabei bis zu 90 Wissenschaftler und Crewmitglieder beherbergen können - eine ernste Sache also.

Den Pinguinen, deren Konterfei derzeit häufig die völlig überlastete Webseite der Forschungsagentur National Environment Research Council (NERC) ziert, die den Namenswettbewerb im März ausgeschrieben hat, wird es herzlich egal sein, wie das Schiff heißt, das an ihren Eisbergen in der Antarktis vorüberrauscht. Doch was die Vorgesetzten des NERCs darüber denken und vor allem die britische Königin, die dem Forschungsschiff ja das »königlich« verleiht, das bleibt noch abzuwarten. So oder so behält sich die Forschungsagentur die letztendliche Entscheidung vor, wie es schlauerweise in den Geschäftsbedingungen des Wettbewerbs heißt.

Bei den Verantwortlichen könnte der Name, der derzeit an zweiter Stelle geführt wird, populärer sein: RRS Henry Worsley - benannt nach dem britischen Antarktisforscher Henry Worsley, der Ende Januar bei seinem Versuch, die Antarktis zu durchqueren, gestorben ist. Er hatte seine Solo-Expedition am 71. Tag aufgeben müssen, keine 50 Kilometer von seinem Ziel entfernt.

Während viele Internetnutzer auf sozialen Medien ihre Hoffnung zum Ausdruck brachten, dass die Forschungsagentur Humor beweise und dem Gewinner der Abstimmung auch das Namensrecht gestatten werde, ließ der Brite, der den Namen einreichte, durchblicken, dass das Ganze seiner Meinung nach doch ein wenig außer Kontrolle geraten sei. So schrieb James Hand auf Twitter, adressiert an die Forschungsagentur: »Das tut mir alles schrecklich leid.«

Boaty McBoatface hat derweil ein Eigenleben im Internet entwickelt und führt derzeit bereits seinen eigenen Twitter-Account. Mit James Hand hat dieser schon nichts mehr zu tun, wie der Brite auf seinem eigenen Twitter-Account versicherte.

Neben RRS Boaty McBoatface und RRS Henry Worsley sind andere populäre Vorschläge noch RRS David Attenborough, RRS Pingu und RRS It’s bloody cold here - also übersetzt: RRS Es ist verdammt kalt hier.

Es geht eben nichts über britischen Humor.