Was im Straßenverkehr erlaubt ist und was nicht, lernt jeder Autofahrer für seinen Führerschein. Und doch gibt es etliche Ausnahmeregeln, die oft nur Richter und Verkehrsanwälte kennen.
So kann ein Anwalt dafür sorgen, trotz Bußgeldbescheid Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot zu verhindern.
Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV (Deutscher Anwaltverein) erläutert sechs kuriose Ausnahmeurteile und klärt auf, was man im Auto so alles (nicht) darf.
Wer das Schild Ende der Autobahn passiert, muss davon ausgehen, in einer geschlossenen Ortschaft zu sein und darf maximal 50 km/h fahren. So sah es das Amtsgericht Essen. Das Oberlandesgericht Hamm (Az. 5 RBs 34/15) hob das Urteil auf: Das Verkehrsschild zeigt demnach lediglich an, dass die besonderen Regeln für die Autobahn nicht mehr gelten, ordnet aber keine Geschwindigkeitsbeschränkung an. Fehlt eine Ortstafel, beginnt die Ortschaft erst mit der eindeutig erkennbaren geschlossenen Bauweise.
Wer trotz gut sichtbarer Geschwindigkeitsbegrenzung zu schnell gefahren ist, muss nicht immer mit einer empfindlichen Strafe rechnen: Das Oberlandesgericht Dresden (Az. Ss 427/13) hat entschieden, dass der Fahrer auch ein sichtbares Schild übersehen und somit lediglich unbewusst gegen die Verkehrsregeln verstoßen haben kann. Das hat zur Folge, dass er zwar ein Bußgeld zahlen muss, aber glimpflicher davonkommt als bei einer vorsätzlichen Tat.
Um eine rote Ampel herumzufahren ist verboten und wird normalerweise mit einem Bußgeld und Fahrverbot bestraft. Doch es gibt auch Ausnahmen: Ein Autofahrer war vor einer roten Ampel auf eine links liegende Tankstelle und von dort wieder links auf die kreuzende Straße gefahren.
Das Oberlandesgericht Hamm (Az. 1 RBs 98/13) entschied daraufhin, dass das Rotlicht in diesem Fall nur für die geradeaus weiterfahrende Fahrzeuge gelte der Fahrer ging straffrei aus. Die Richter des OLG Hamm betonten jedoch, dass es weiterhin verboten sei, die Ampel über den Gehweg, einen Randstreifen oder eine Busspur zu umfahren.
Rechts vor links ist eine Grundregel im Straßenverkehr. Doch auch hierfür gibt es Ausnahmen: Auf Parkplätzen gilt die Vorfahrtsregel nämlich nur dann, wenn die kreuzenden Fahrspuren Straßencharakter haben, also ausreichend breit und entsprechend markiert sind. Wer dagegen von rechts auf einen Parkplatz einfährt, auf dem die Fahrspuren vor allem dem Ein- und Ausparken dienen, kann sich nicht auf seine Vorfahrt verlassen, entschied das Landesgericht Detmold (Az. 10 S 1/12).
Parkverstöße sind ein Kavaliersdelikt? Von wegen! Wer jahrelang immer wieder falsch parkt, kann sogar seine Fahrerlaubnis verlieren. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Az. 10 S 1883/14) hat entschieden, dass eine solche Ausnahmekonstellation vorliegt, wenn ein Autofahrer beharrlich Verkehrsverstöße begeht, auch wenn diese isoliert betrachtet nicht gewichtig sind. Laut Urteil lassen sich aus einem solchen Verhalten Eignungsbedenken in charakterlicher Hinsicht ableiten.
Navigationsgeräte haben dem Stadtplan im Auto längst den Rang abgelaufen. Wer kein Navi hat, nutzt eine entsprechende App auf seinem Smartphone. Kein Unterschied? Doch! Das Amtsgericht Essen (Az. III-5 RBs 11/13) urteilte nämlich: Unter dem Begriff der Benutzung eines Mobiltelefons im Sinne der StVO ist auch die Nutzung als Navigationsgerät zu verstehen.« Und sobald das in der Hand gehalten wird, sind 60 Euro fällig, auch ganz ohne zu telefonieren. dpa/nd