nd-aktuell.de / 11.06.2016 / Wissen / Seite 26

Plastik statt Plankton

Studie der Universität Uppsala: Wenn Fischlarven während ihrer Entwicklung Mikroplastikteilchen ausgesetzt sind, kann das ihr Wachstum bremsen und ihre Sterblichkeit erhöhen. Von Elke Bunge

Elke Bunge

Unbemerkt produzieren wir kontinuierlich Mikroplastikmüll: Wenn wir duschen, uns eincremen, Zähne putzen oder Haare waschen, bleiben kleinste Plastikteilchen zurück. In den heutigen Pflegeprodukten befinden sich nicht selten winzige Kügelchen aus Polyethylen oder Polypropylen. Aber auch in der Waschmaschine lösen sich beim Reinigen unbemerkt Flusen aus Bekleidungsstücken mit Kunstfasern.

Diese Mikroplastikpartikel kommen dann über das Abwasser in die Kläranlagen. Doch diese sind meist nicht in der Lage, die kleinen Teilchen herauszufischen. So gelangen sie über Wasserstraßen und Seen in die Ozeane und reichern sich dort besonders in den flachen Küstengebieten an. In einer aktuellen Studie der Universität von Uppsala (Schweden) fanden Forscher heraus, dass Fischlarven, die während ihrer Entwicklung Mikroplastikpartikeln ausgesetzt sind, ein gebremstes Wachstum aufweisen und veränderte Verhaltensweisen haben, die zu erhöhter Sterblichkeit führen, wie Oona Lönnstedt und Peter Eklöv im Fachjournal »Science« berichten. Für ihre Untersuchung setzten die Wissenschaftler Larven vom Barsch (Perca fluviatilis) in der Umwelt häufig vorkommenden Polystyrol-Partikeln aus. »Fische, die wir unterschiedlichen Konzentrationen von Polystyrol augesetzt haben, zeigten eine reduzierte Entwicklung und deutlich veränderte Verhaltensweisen. Dabei wählten wir die Anzahl von Partikeln in einer Konzentration, wie sie heutzutage in vielen Küstenregionen in Schweden und anderswo auf der Welt vorzufinden ist«, sagt die Meeresbiologin Lönnstedt.

Polystyrol ist einer der fünf häufigsten Kunststoffe, die im Meer schwimmen. Die Meeresbiologen stellten bei ihren Versuchen fest, dass die Barschlarven, die Zugang zu Polystyrol hatten, sich ausschließlich von den Kunststoffpartikeln ernährten. Sie ignorierten ihre natürliche Nahrungsquelle, freischwimmendes Plankton.

In der Folge entwickelten sich die Larven, die Polystyrol ausgesetzt waren, auch anders. »Wir konnten feststellen, dass Fische, die Mikroplastikpartikeln ausgesetzt wurden, den Geruch von Raubfischen ignorierten«, erläutert Lönnstedt. Infolgedessen wurden im Laborversuch Barsche, die sich von Polystyrol ernährt hatten, viermal schneller von Hechten gefressen als die plastikfrei aufgezogenen Barsche.