nd-aktuell.de / 11.06.2016 / Politik

CSU droht Grünen wegen »sicheren« Herkunftsstaaten

Scheuer: Wer Nein sagt, mache sich zum »Gehilfen für massenhaften Asylmissbrauch« / Gabriel hofft auch auf Ja im Bundesrat / Grünen-Geschäftsführer Kellner: Es gibt »nach jetzigem Stand« keine Mehrheit

Berlin. Die meisten Grünen wollen im Bundesrat der Einstufung von Algerien, Tunesien und Marokko als angeblich sichere Herkunftsstaaten nicht zustimmen - jedenfalls ist die Skepsis groß und aus mehreren Ländern wurde die Ablehnung bereits angekündigt. Das hat nun die Anhänger dieser Anti-Asylmaßnahme auf den Plan gerufen: SPD-Chef Sigmar Gabriel hofft darauf, dass der Bundesrat dem Gesetz zustimmt. »Die Anerkennungsquote für Asylbewerber aus den drei Maghreb-Staaten ist äußerst gering, zum Teil liegt sie unter einem Prozent«, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Eine Einstufung als sicheres Herkunftsland bedeute ja nicht, dass das Recht auf Asyl für Menschen aus diesen Staaten wegfalle. »Nur müssen die Betroffenen belegen, dass sie wirklich politisch verfolgt werden.« CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer drohte dem grünen Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann: »Wenn die Grünen nicht für die Einstufung von Marokko, Tunesien und Algerien als sichere Herkunftsstaaten stimmen, dann machen sie sich zum Gehilfen für massenhaften Asylmissbrauch«, sagte Scheuer der »Passauer Neue Presse«.

Die Grünen im Bund rechnen derweil damit, dass die Einstufung von Algerien, Tunesien und Marokko als »sichere« Herkunftsstaaten scheitern wird. »Dafür gibt es nach jetzigem Stand im Bundesrat keine Mehrheit«, sagte der Bundesgeschäftsführer Michael Kellner dem »Kölner Stadt-Anzeiger«Er »halte das auch für ein gutes Signal«. Denn in den Maghreb-Staaten würden Menschen unter anderem wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt. »Deshalb können sie nach menschenrechtlichen Standards keine sicheren Herkunftsstaaten sein.« Die Bundesregierung will Algerien, Marokko und Tunesien per Gesetz als »sicher« einstufen, um Asylbewerber von dort schneller in ihre Heimatländer abschieben zu können. Der Bundestag hat das Vorhaben bereits gebilligt. Am kommenden Freitag stimmt der Bundesrat darüber ab. Dort sind Union und SPD auf die Stimmen von mindestens drei der zehn Länder mit grüner Regierungsbeteiligung angewiesen.

Bei der Abstimmung im Bundesrat über die Einstufung der Maghreb-Staaten wird sich Sachsen-Anhalt der Stimme enthalten. Das kündigte Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) in der »Mitteldeutschen Zeitung« an. Die beabsichtigte Ausweitung dieser Staatengruppe sei für ihre Partei nicht zustimmungsfähig. »Um die Menschenrechte ist es in den Maghreb-Staaten schlecht bestellt«, sagte Dalbert. In Magdeburg regiert eine schwarz-rot-grüne Koalition. Der Sprecher des stellvertretenden hessischen Ministerpräsidenten Tarek Al-Wazir sagte der Zeitung, die Landes-Grünen seien sehr skeptisch. Derzeit fänden Gespräche mit dem Koalitionspartner CDU statt. Im Streitfall werde es auf eine Enthaltung hinauslaufen. Agenturen/nd