nd-aktuell.de / 27.10.2016 / Politik / Seite 6

KaDeWe: Ja, Synagoge: Nein

Zschäpe bestätigte: NSU-Trio war 2000 in Berlin

René Heilig

Hat das NSU-Trio in der Berliner Rykestraße ein weiteres Anschlagsziel ausgespäht? Ein Polizist, der im Jahr 2000 zur Bewachung der dortigen Synagoge eingeteilt war, hatte das Trio sowie eine weitere Frau und zwei Kinder am 7. Mai zwischen 13 und 14 Uhr in einem nahen Biergarten gesehen. Am Nachmittag sei er einigen der Personen vor dem örtlichen Polizeiabschnitt begegnet. Als ihn das Landeskriminalamt Berlin (LKA) dazu vernahm und Fotos vorlegte, erkannte der Objektschützer Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt wieder. Eine ebenfalls vernommene Serviererin aus dem Restaurant erinnerte sich an Zschäpe immerhin zu 50 Prozent. Aus jener Zeit gibt es auch Hinweise darauf, dass sich sächsische rechtsextreme Blood&Honour-Aktivisten mehrfach in Berlin aufhielten, die dem 1998 untergetauchten späteren Terror-Trio Obdach geboten haben.

Die Staatsschutzabteilung des LKA schätzte die Aussage des Polizisten als glaubhaft ein. Dennoch, so der inzwischen 66-jährige Zeuge am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht in München, sei er nie wieder danach gefragt worden. Nach 16 Jahren erinnerte er sich nicht mehr an alle Details.

Die Angeklagte Beate Zschäpe ließ von einem ihrer Anwälte eine Erklärung verlesen. Darin räumte sie ein, irgendwann im Frühjahr oder Sommer zusammen mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt - gemeinsam waren die drei Bombenbauer im Jahr 1998 untergetaucht - in Berlin gewesen zu sein. Warum? Man habe einfach mal »aus Chemnitz rauskommen wollen«. Aber nicht, um etwas auszuspähen, schon gar keine Synagoge. Sie kenne gar keine in Berlin. Wohl aber sei ihr das Edelkaufhaus KaDeWe in Erinnerung geblieben. Auch am Brandenburger Tor seien die drei zur Fahndung ausgeschriebenen Nazis gewesen.

Nach dem erstaunlichen Fund von DNA-Spuren des mutmaßlichen NSU-Terroristen Böhnhardt am Fundort der 2001 getöteten Schülerin Peggy K. will das Gericht auf Antrag der Nebenklage auch dazu Antworten von der Hauptangeklagten. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl fragte zudem, ob Zschäpe etwas zu den Fotos auf einem in ihrer Wohnung beschlagnahmten Rechner sagen will, die man als kinderpornografisch deuten kann. Zschäpe stellte wiederum eine schriftliche Aussage in Aussicht.

Dem NSU werden zwischen 2000 und 2007 zehn Morde, drei Bombenanschläge und mehrere Überfälle zugeordnet.