nd-aktuell.de / 29.11.2016 / Berlin / Seite 12

Bilder, die sprechen

Ein in Kreuzberg lebender US-amerikanischer Künstler druckt den Rassismus, der ihm begegnet, auf T-Shirts.

Alexej Hock

Isaiah Lopaz lässt Bilder sprechen und ist damit ziemlich laut. »Wann gehst du zurück?«, steht auf einem der weißen T-Shirts, die der 36-Jährige auf den Fotos trägt. Oder: »Wo kommst du wirklich her?«. Es sind Fragen, die der Schwarze immer wieder zu hören bekommt: im Alltag, im Job oder wenn er durch seinen Kiez läuft. Ende September veröffentlichte er die Fotos auf seinem Blog.

Jedes der T-Shirts hat eine eigene Geschichte. Als Lopez noch längere Haare hatte, kam es vor, dass er abends auf der Straße angesprochen wurde. Die Leute fragten ihn nach Drogen oder wo sie den Stoff kaufen könnten. Daraus entstand das T-Shirt: »Wo können wir Drogen bekommen?«. Dann ließ er sich die Haare schneiden. Die Kommentare wurden weniger, aber Lopaz muss sich einiges noch immer anhören.

Lopaz studierte am Art Center College of Design in Los Angeles Kunst und Fotografie. Vor neun Jahren ging der US-Bürger nach Frankfurt, um beim bekannten deutschen Fotografen Wolfgang Tillmans zu lernen. Als Tillmanns nach London ging, zog Lopaz nach Berlin. Statt auf Fotografie, konzentriert er sich seitdem auf Illustrationen.

Die Idee zu dem T-Shirt-Projekt kam Lopaz im April. Er erstellte eine Liste mit den rassistischen Kommentaren, an die er sich erinnern konnte. Lopaz spreizt seine Arme weit auseinander, wenn er davon erzählt: »So eine Liste war es am Ende.« Die Kernaussagen, die auch ohne Kontext verständlich sind, druckte er auf T-Shirts.

Spätestens seitdem die New York Times über das Projekt berichtete, machte es die Runde auf Blogs und in sozialen Netzwerken - ein großer Erfolg für Lopaz, der sich als Sprachrohr der Schwarzen in Europa sieht. Es geht dem Künstler nicht darum, seine Mitmenschen auf die verletzenden Bemerkungen hinzuweisen. Vielmehr will Lopaz ein Gefühl vermitteln, wie sich Schwarze in einer überwiegend weißen Gesellschaft fühlen, in der sie Rassismus ausgesetzt sind.

Unter den Sprüchen, die auf Englisch verfasst sind, geht es auch um Homosexualität. Für Lopaz ist die Verknüpfung von Rassismus und Homophobie besonders schmerzhaft. »Ich wusste nicht, dass du schwul bist, du bist ja schwarz«, hatte beispielsweise der Türsteher eines Schwulenclubs zu ihm gesagt. Auch diesen Spruch verarbeitete der Künstler zu einem T-Shirt. dpa