nd-aktuell.de / 19.12.2016 / Politik / Seite 7

NATO würde alles schrecklicher machen

Generalsekretär Jens Stoltenberg zur Syrienpolitik - trotz Aleppo-Drama kaum Demonstranten in Deutschland

René Heilig

Der Krieg in und um Syrien und Irak treibt viele um. Doch offenbar fühlen sich in Deutschland nur wenige zu öffentlichem Protest herausgefordert. Nur wenige Aktivisten, die ein Ende der Kämpfe in Syrien forderten, nahmen am Wochenende an Demonstrationen teil. Bei der Kundgebung vor dem Bundestag beispielsweise hatten die Initiatoren mit Zehntausenden Teilnehmern gerechnet, doch nur einige Hundert kamen. In Hamburg zählte die Polizei lediglich 800 Kundgebungsteilnehmer.

Die Welt sei »geeint in dem Entsetzen über den grausamen Angriff des syrischen Regimes« und dessen Verbündeter Russland und Iran, behauptete derweil der scheidende US-Präsident Barack Obama auf einer Pressekonferenz in Washington und rechnete hart mit den beiden Staaten ab. Die unterstützen massiv das Regime von Baschar al-Assad. Der könne das syrische Volk nicht gewaltsam hinter sich bringen, meine Obama und rechtfertigte zugleich die Syrienpolitik der bisherigen US-Regierung. Die hatte sich auch unter zunehmendem politischem Druck geweigert, massive Bodentruppen zu entsenden.

Angesichts der katastrophalen Entwicklung in Aleppo verteidigte parallel dazu Generalsekretär Jens Stoltenberg die - nach seiner Ansicht zurückhaltende - Syrienpolitik der NATO. Der Einsatz von Militär würde die schreckliche Situation noch schrecklicher machen, sagte Stoltenberg der »Bild am Sonntag«.

Manchmal ist es richtig, militärische Mittel einzusetzen - wie in Afghanistan. Aber manchmal wären die Kosten des Einsatzes militärischer Mittel größer als der Nutzen, erläuterte Stoltenberg. Nicht immer führe ein Militäreinsatz zu einer friedlichen Lösung. »Wenn wir auf jedes Problem, jede humanitäre Katastrophe mit militärischen Mitteln antworten würden, würden wir in einer Welt mit noch mehr Kriegen und Leiden enden«, so der NATO-Generalsekretär. Bei einem Einsatz in Syrien würde man riskieren, »dass es ein größerer regionaler Konflikt wird. Oder dass noch mehr Unschuldige sterben. Ein Militäreinsatz kann nicht alle Probleme lösen.«

An der Südflanke beteiligen sich zwar zahlreiche NATO-Staaten - so wie Deutschland - an den Angriffen der US-geführten Koalition gegen den Islamischen Staat. Doch das Bündnis selbst beschränkt sich weitestgehend auf den Einsatz von fliegenden AWACS-Gefechtsständen und die Ausbildung von irakischen Soldaten.

Die Hauptaufgabe der NATO ist derzeit der Aufmarsch in Osteuropa gegen Russland.