Am Stand der Refugee Academy steht eine Gruppe von Frauen. Sie sprechen mit Rukan Malas, die sich hier ehrenamtlich als Übersetzerin für Arabisch und Deutsch engagiert. An den meisten anderen Ständen der Jobbörse für Flüchtlinge im Berliner Estrel Hotel erkundigen sich an diesem Mittwoch Männer nach Berufsperspektiven im Handwerk, in der Küche oder der Buchhaltung. »Frauen vertrauen Frauen mehr«, sagt Malas. Deshalb sei ihr Stand gut von Frauen besucht.
Die Refugee Academy ist kein klassischer Arbeitgeber: Flüchtlinge, die zwar ausgebildet sind, aber wegen unzureichender Deutschkenntnisse hier noch keine Arbeit bekommen, können Abendkurse in ihrer Sprache zu Themen anbieten, mit denen sie sich auskennen. Ein syrischer Übersetzer für Englisch erkundigt sich nach Möglichkeiten der Mitarbeit, ebenso eine mexikanische Künstlerin.
Für Salam Bakr sind Abendkurse nicht das richtige. In Syrien war sie Kunstlehrerin, bis sie vor zwölf Jahren durch die Familienzusammenführung nach Deutschland kam. Dann zog sie zunächst ihre drei Kinder groß, begann dann Deutsch zu lernen, was sie mittlerweile fließend beherrscht. Nun sucht sie eine Arbeit. Am Stand der gemeinnützigen Organisation Jobs4Refugees trägt sie ihr Gesuch in ein Formular ein. Die Organisation ist eine Art nichtstaatliche Arbeitsagentur, die Coachings anbietet und bei der Stellensuche hilft.
Viele der 4500 angemeldeten Teilnehmer sind Flüchtlinge, die erst seit ein bis zwei Jahren in Deutschland leben. Doch auch Migranten, die seit längerem ohne Arbeit sind, hat das jeweils für sie zuständige Jobcenter zur Teilnahme aufgefordert.
Auch im Februar 2016 hatten das Estrel Hotel und die Agentur für Arbeit Berlin Süd bereits zur Jobmesse eingeladen. Auch damals war Melanie Sucz dabei. Die Arbeitsvermittlerin im Jobcenter Steglitz betreut dort ausschließlich Flüchtlinge. »Letztes Jahr bin ich auf der Jobbörse geradezu mit Anfragen überrannt worden«, erinnert sie sich. »Es kamen etwa doppelt so viele Menschen zu uns wie gedacht.« Das Sprachniveau der Teilnehmer empfindet sie in diesem Jahr höher als noch 2016.
Neben Hotels, Wohlfahrtsverbänden und Sicherheitsfirmen haben auch die Hochschule für Technik und Wirtschaft und die Hochschule für Wirtschaft und Recht einen gemeinsamen Stand auf der Jobbörse. Sie suchen keine Mitarbeiter, sondern wollen Geflüchtete als Gasthörer und für ihre Deutschkurse werben, die sie auf ein Studium vorbereiten sollen.
Auch Hamed Noori will zurück an die Universität. In Afghanistan war der 21-Jährige mitten im Jurastudium, bevor er vor acht Monaten nach Deutschland flüchtete. Er hat mit Hilfe von Youtube Deutsch gelernt, seit einiger Zeit besucht er einen akademischen Sprachkurs, der ihn auf das Studium vorbereiten soll. Doch es geht ihm zu langsam voran. Weil er nicht nur herumsitzen will, hat er sich ein Praktikum gesucht - als Hausmeister. Auf der Messe sammelt er Kontakte, um eine Ausbildung als Elektriker zu machen. Das Studium will er anschließend wieder aufnehmen. »Erstmal muss ich noch besser Deutsch lernen.«
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1039771.vom-jurastudent-zum-hausmeister.html