Werbung

Hartnäckiger Bauer

  • Lesedauer: 2 Min.

Peking. Ein chinesischer Bauer hat sich 16 Jahre lang selbst das Gesetz beigebracht und erfolgreich einen großen Chemiekonzern verklagt. Nach dem Sieg vor Gericht im November wird »in den nächsten acht bis zehn Tagen« über die Berufung der staatlichen Qihua-Gruppe entschieden, sagte Wang Enlin am Mittwoch. »Ich bin sicher, dass wir wieder gewinnen werden«, sagte der Bauer. »Die harten Fakten sprechen für uns.« Der 65-Jährige, der nur drei Jahre zur Schule gegangen war, hat seit 2001 Gesetzestexte studiert, um mit anderen Dorfbewohnern gegen die Umweltverschmutzung eines Qihua-Chemiewerks zu klagen. Giftige Abwässer hatten damals die Felder seines Dorfes Yushutun vor den Toren von Qiqihar in der Provinz Heilongjiang im Nordosten Chinas überflutet. Seither konnte auf dem Land kein Ackerbau mehr betrieben werden.

Als sich Wang Enlin über die Fabrik beklagte, sagten ihm die Behörden, er müsse Schaden beweisen. Der Bauer fühlte sich im Recht, aber wusste nicht, welche Gesetze gebrochen worden waren. So begann er mit dem Studium juristischer Bücher. Da er kein Geld hatte, um sie zu kaufen, las er die Texte in einem örtlichen Buchladen und schrieb sich wichtige Informationen in ein Heft. Dem Besitzer schenkte er als Gegenleistung immer wieder mal etwas Mais. Vor knapp zehn Jahren bekamen Wang Enlin kostenlose Unterstützung durch eine Anwaltskanzlei, die auf Umweltfälle spezialisiert ist. Das Gericht von Ang’angxi in Qiqihar nahm den Fall allerdings erst acht Jahre später auf. Auf Grundlage der gesammelten Beweise von Wang Enlin wurde der Konzern schließlich zu umgerechnet 110 000 Euro, Schadenersatz verurteilt.

Das Urteil schlug in chinesischen Medien einige Wellen, weil Klagen gegen große Konzerne bisher noch selten Erfolg haben. »Die meisten Leute haben wenig Zuversicht, eine Umweltklage einzureichen, besonders wenn die Beschuldigten große mächtige Firmen sind oder auch Behörden«, sagte Liu Jinmei, Anwalt am Zentrum zur Unterstützung von Opfern von Umweltschäden an der Pekinger Universität für Recht und Politik, der Zeitung »Zhongguo Qingnianbao«. Der hartnäckige Bauer bekam viel Lob. »Er hat sich selber das Recht beigebracht und gegen Anwälte gewonnen, die der Gegner in großen Städten angeworben hat«, kommentierte das Blatt.

So bescheiden der Schadenersatz auch aussehen mag, so symbolisch ist der Erfolg gegen den Chemieriesen, der in den vergangenen zehn Jahren neben dem Dorf auch noch eine fünf Meter hohe Halde mit tonnenweise Chemieabfällen aufgetürmt hat. »Ich werde weiter gegen Qihua klagen«, sagte Bauer Wang Enlin. Vier weitere Fälle seien noch anhängig. dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.