Nachdem an eben dieser Stelle vor einer Woche der Internationale Frauenkampftag angekündigt wurde, ist es spätestens jetzt an der Zeit, diesen Aktionstag in seiner konkret historischen Ausprägung zu würdigen.
Der diesjährige Frauenkampftag, der 8. März, stand unter einem Streikmotto. Die Idee hierzu stifteten polnische Aktivistinnen, die ihre Massenproteste gegen ein Abtreibungsverbot im Oktober 2016 »Frauenstreik« genannt hatten. In rund 40 Ländern der Erde wurde darauf für den 8.März zum Streik aufgerufen. Allein die Tatsache, dass Frauen auf der ganzen Welt lokale Kämpfe aufeinander beziehen ist bemerkenswert.
Doch wie gelang dieser Versuch einer internationalen Choreographie? Der Nachweis darüber, wie viele Frauen tatsächlich ihre Einsatzorte in Werkhallen, Büros, pädagogischen Einrichtungen oder im Haushalt vorzeitig verließen, ist äußerst schwierig zu führen. Denn zum einen verfügt die internationale Frauenbewegung über kein gemeinsames Sprachorgan, zum anderen schienen sich die Medien auch kaum für die Aktionen zu interessieren. Offensichtlich konnten kaum Gewerkschaften oder andere Organisationen mit potenten PR-Maschinerien für die Unterstützung der »wilden« Streiks gewonnen werden.
Immerhin berichten einige englischsprachige Zeitungen über vorzeitige Schulschließungen am 8.März in den US-Bundesstaaten North Carolina, Virginia und Maryland. In Australien schlossen laut der britischen Tageszeitung »guardian« Dutzende Kinderkrippen, nachdem über tausend Betreuungskräfte ihre Posten um 15.30 Uhr verließen; zu dem Zeitpunkt nämlich, zu dem sie aufgrund der Lohnkluft zwischen Männern und Frauen gratis zu arbeiten beginnen. Die Internetzeitung »Labournet« berichtete auch über streikende Reinigungsarbeiterinnen in Indien, die unter dem Kastenwesen leiden.
Soweit die spärlichen verfügbaren Informationen zu Arbeitsniederlegungen. Doch was passierte in Italien, Frankreich, Uruguay, wo Frauen mit konkreten Streiks gedroht hatten? Warum wurde die Planung, nicht aber die Durchführung von Streiks gemeldet. Außer Spesen nichts gewesen?
Doch soll der Erfolg des diesjährigen Frauenkampftages hier keinesfalls klein geredet werden. In vielen Ländern der Welt brachte er im Vergleich zu den Vorjahren außergewöhnlich hohe Beteiligungszahlen. In den USA konnte die Frauenbewegung die weibliche Empörungswelle zur Amtseinführung Trumps im Januar für ihre Demonstrationen zum 8. März weiter ausnutzen. Dabei visierte die Aktivistinnen Ziele an, die weit über den Anti-Trumpismus hinausgingen. Die nationale Streikplattform forderte nicht nur die Einhaltung von Arbeitsrechten, sondern rief auch nach einem antirassistischen und anti-imperialistischen Feminismus.
In Dublin brachten Tausende den Verkehr zum Stillstand und forderten eine Liberalisierung der Abtreibung. In ganz Lateinamerika machten Frauen mit kraftvollen Demonstrationen auf die hohe Rate von Frauenmorden aufmerksam. In Argentinien ist die Rate in den letzten acht Jahren um 78 % gestiegen. In Brasilien zeigte am 8. März eine insbesondere mit den Landarbeiterinnen und Kleinbauern vernetzte Frauenbewegung Stärke. Auch in Senegal und Kenia gab es Aktionen zum Frauentag. Überdies werden dort gerade Protest- und Streikaktionen für den 31. Juli, den Afrikanischen Frauentag, vorbereitet. In Saudi-Arabien, wo Frauen 2015 zum ersten Mal in der Geschichte des Landes überhaupt wählen durften, wurde der allererste Frauentag begangen. Und zu guter Letzt: Auch auf Deutschlands Straßen waren Zehntausende Feministinnen unterwegs.
Der englische »guardian« spricht weltweit von einem »hochpolitisierten Internationalen Frauentag, dem brisantesten seit Menschengedenken«. Warum war das Echo im Blätterwald so verhalten? Frauen müssen wohl noch sehr viel lauter, ihre Organisationen sachkundiger im Umgang mit den Medien werden.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1044785.schweigen-im-blaetterwald.html