nd-aktuell.de / 19.04.2017 / Politik / Seite 12

Seehofer und das Tor zur Ewigkeit

Bayern: Wird der CSU-Chef und Ministerpräsident trotz gegenteiliger Ansagen weitermachen?

München. In der CSU gibt es derzeit nur ein wichtiges Datum: Am 24. April will Parteichef Horst Seehofer verkünden, ob er entgegen seiner früheren Ankündigung seine politische Laufbahn auch über 2018 hinaus weiterführen will. Viele Beobachter rechnen damit, dass er sowohl als bayerischer Ministerpräsident als auch als Parteichef noch nicht bereit ist, die Geschicke in die Hände eines Nachfolgers zu legen. Seehofer selbst gibt jedoch an, sich noch nicht entschieden zu haben. »Es gibt für beide Varianten gute Argumente, ich weiß es wirklich noch nicht«, sagt er sehr gerne in Fernsehkameras oder Mikrofone. In den Osterferien werde er mit sich und seiner Familie intensiv beraten, und dann sei da auch noch der wichtige Gesundheitscheck, der beantworten soll, ob der 67-Jährige die körperliche Fitness auch für die kommenden Jahre hat.

Am 6. Mai will die CSU ihre Liste für die Bundestagswahl im Herbst aufstellen. Sollte Seehofer weitermachen, könnte er auch selbst Spitzenkandidat werden - selbst wenn der eigentlich damit verbundene Gang nach Berlin für ihn kein Thema ist: Er habe in der Vergangenheit oft genug bewiesen, dass er auch von München aus seine Durchsetzungskraft entfalten könne.

Innerhalb der CSU gehen die Meinungen zu Seehofers angekündigter Zukunftsentscheidung weit auseinander: Seine Befürworter sehen darin das Finale einer strategischen Meisterleistung. Sie verweisen auf eine immer größere Zahl von Rufen nach einer Fortführung, da Seehofer insbesondere in der Flüchtlingsdebatte mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gezeigt habe, wie unersetzlich er derzeit sei. Selbst seine Vorgänger Erwin Huber und Edmund Stoiber gehören längst dazu. Sie alle vereint die Sorge, dass eine CSU ohne Seehofer bei der Landtagswahl 2018 die absolute Mehrheit nicht wird verteidigen können und die Partei nach der Bundestagswahl ihren Einfluss in Berlin einbüßen könnte.

Ihnen gegenüber stehen die Christsozialen, die im Kopf schon lange mit Seehofer gebrochen haben, die ihm einen autoritären Stil, emotionalen Autismus und fehlende Kompromissbereitschaft vorwerfen, Sie wünschen sich lieber gestern als heute eine Übernahme aller Ämter durch den aktuellen Finanzminister und wohl größten Seehofer-Kritiker Markus Söder. Öffentlich will aber derzeit niemand Seehofer die Stirn bieten, zu stark ist dessen Position. Die Taktik lautet: Warten auf eine Niederlage der CSU oder einen Fehler Seehofers - dann dürfe die Partei ihn köpfen, wie er gerne sagt.

Doch ab und an zeigt sich der tiefe Graben zwischen beiden Lagern, der etwa durch die 101-köpfige Landtagsfraktion geht. So bei der jüngst von Seehofer durchgesetzten Abiturreform, als er gegen den Widerstand weiter Teile der Fraktion das G9 durchsetzte. Oder bei der von Seehofer einkassierten Reform zum Zählsystem bei Kommunalwahlen, wo er den eigenen Leuten gar eine Arroganz der Macht vorwirft und sie schon für eine mögliche Niederlage bei den Wahlen verantwortlich macht. Auch der verordnete Kuschelkurs mit Merkel nach 18-monatigem Dauerstreit ist bei vielen in der Basis noch nicht verarbeitet.

Doch von Unruhe in den eigenen Reihen will Seehofer nichts wissen, zumindest nach außen ist für ihn im Wahljahr Geschlossenheit das oberste Gebot. »Die Partei ist ruhig, war immer ruhig«, sagt er im Landtag und versucht in der ihm üblichen Manier alle Nachfragen zur eigenen - nur wenige Tage zuvor geäußerten - Sorge (»Fürchte die eigene Fraktion mehr als die SPD«) wegzulächeln. dpa/nd