Es bedarf schon eines politischen Wunders, sollte Schleswig-Holsteins Piratenpartei es bei der Landtagswahl am 7. Mai entgegen aller Umfragen doch noch schaffen, in den Kieler Landtag zu kommen. Und eine Woche später, am 14. Mai, dürften die Piraten beim Urnengang in Nordrhein-Westfalen dann auch aus dem letzten Landesparlament fliegen.
Schleswig-Holsteins Piratenchef Wolfgang Dudda verkündet im laufenden Wahlkampfendspurt natürlich weiterhin Durchhalteparolen, doch die Demoskopen können die Partei schon gar nicht mehr erfassen, weil sie unter ein Prozent gerutscht ist. Und so hadern die Politaktivisten des digitalen Zeitalters mit dem sich abzeichnenden Schicksal und sehen sich ungerecht behandelt.
Tatsächlich haben die Piraten in den vergangenen fünf Jahren mit Abstand die meisten Parlamentsinitiativen im Kieler Landeshaus gestartet, etliche Skandale wurden durch sie ans Tageslicht gebracht: Die von den Piraten aufgedeckten Missstände in Jugendheimen führten zum einzigen Untersuchungsausschuss der auslaufenden Wahlperiode im Kieler Landtag. Aber auch die Enthüllung von Affären bei der Ausbildung von Polizeischülern oder von rechtswidriger Datenspeicherung durch das Polizeirevier Scharbeutz (Kreis Ostholstein) reichten offenbar nicht, den Piraten das nötige Vertrauen als »Aufklärer«-Partei zu verschaffen.
Bohrende und unbequeme Fragen stellen, den Finger in die Wunde legen, wo andere lieber schweigen, möglichst alle parlamentarischen Vorgänge öffentlich machen, Transparenz und höchstmögliche Bürgerbeteiligung durch Direkte Demokratie - das Politikverständnis der Piraten hat die Landesregierung aus SPD, Grünen und Südschleswigschen Wählerverband immer wieder genervt. Zugleich war Ansatz, über Kompromisse zunächst einmal auch zu kleineren Lösungen zu kommen, bei vielen Piraten-»Fundis« nicht gerade ausgeprägt. Immer wieder wurde der Partei auch eine Art »Besserwisser«-Mentalität vorgehalten. Die Newcomer, die 2012 vom Bundestrend getragen mit 8,2 Prozent und sechs Abgeordneten ins Kieler Landeshaus einzogen, haben es sich zudem durch interne Konflikte auch selbst nicht immer leicht gemacht. Fehlende professionelle Öffentlichkeitsarbeit war ein weiteres Übel.
Und doch wollen die Aktivisten in der Partei nichts von Endzeitstimmung wissen. Der Fraktionsvorsitzende und Landtagswahl-Spitzenkandidat Patrick Breyer versucht, Kritik an seiner Partei abprallen zu lassen. Auch verweist er darauf, dass besagter Bundestrend derzeit eben kein Piratenfreund mehr sei. Breyer hofft darauf, dass sich seine Partei in Schleswig-Holstein bei den Kommunalwahlen 2018 wieder konsolidieren kann. Aber vorher soll es auch noch in Bundestagswahlkampf gehen. »Spitzenkandidatin ist Anja Hirschel. Kennen Sie die? Die holen wir auch hier nach Schleswig-Holstein«, sagt der Polit-Workaholic Breyer.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1048976.trotz-fleiss-kein-preis.html