Es hat wider Erwarten tatsächlich geklappt: Die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa gewährte dem Avantgarde-Festival »A l’arme!« eine Förderung. Derart finanziell abgesichert, konnten die künstlerischen Leiter Karina Mertin und Louis Rastig zum fünfjährigen Jubiläum der Konzertreihe 65 Künstler aus zehn Nationen einladen. Vier Tage und Nächte lang sind sie nun an zwei Spielorten zu erleben.
Ein vielgesichtiges und schon deshalb aufschlussreiches und informatives Programm kommt da auf die Besucher zu. Breitspurig zeigt es musikalische Verbindungen und Verquickungen zwischen Rock, Jazz, E-Musik und freier Improvisation bestens auf. Neben den sehr beliebten Doppelkonzerten, das sind musikalische Begegnungen mit denselben Künstlern in wechselnden Besetzungen im 30-minütigen Zeitabstand, lassen sich auch alle sonstigen Auftritte ohne Weiteres empfehlen.
Seit zwei Jahren hat das Festival seinen Eröffnungsabend vom Radialsystem V ins Berghain verlegt. An diesem Mittwochabend ist vor allem die Begegnung der Gitarristen Thurston Moore und Caspar Bötzmann vielversprechend. Stammt Ersterer aus der Progressive-Rock-Ecke, genauer von Sonic Youth, so hat Caspar Brötzmann auch Free-Jazz-Erfahrungen durch seinen Vater Peter Brötzmann gesammelt, mit dem er 1990 die CD »Last Home« einspielte. Am folgenden Abend verdient der Soloauftritt der slowenischen Pianistin, Komponistin und Orchesterleiterin Kaja Draksler besondere Aufmerksamkeit. Äußerst gekonnt - musikhistorisch wie technisch - kombiniert sie Volksmusik, Jazz und Neue Musik.
Der Freitagabend präsentiert nochmals Caspar Brötzmann mit Massimo Pupillo am Bass und Alexandre Dall am Schlagzeug. Da dämmern jahrzehntealte glückliche Erinnerungen an Brötzmanns Trio »Massaker« mit Gastspielen im »Loft« am Nollendorfplatz auf - und an jetzt schon legendäre Einspielungen auf dem eingestellten Zensor-Label. Wer den gestandenen Multiinstrumentalisten John McPhee wieder mal im Duo erleben möchte, hat hierzu am selben Abend ebenfalls Gelegenheit. Und Thurston Moore verweist mit der Vorstellung seiner neusten Produktion »Rock ’n’ Roll Consciousness« auf seine erwähnte Vergangenheit.
Musikalisch gesehen dürfte das Kaja Draksler Octet am letzten Konzertabend zur interessantesten Gruppe werden. Die Auftritte des US-Schlagzeugers Chris Corsano sowie der koreanischen Elektro-Pionierin und Cellistin Okkyung Lee sind ebenso empfehlenswert wie das 19-köpfige Big-Band-Projekt »Seven Storey Mountain V« des US-Trompeters Nate Wooley.
»A l’arme!«, vom 2. bis zum 5. August im Berghain und im Radialsystem V, www.alarmefestival.de[1]
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1059164.die-volle-droehnung.html