Trump trägt Mitschuld an rechter Gewalt
Scharfe Kritik an der halbherzigen Reaktion des US-Präsidenten auf die rassistischen Ausschreitungen
Ob und wie die tödliche Gewalt in Charlottesville und Trumps armselige Reaktion auf den rassistischen Hass bei seiner Urlaubsunterbrechung Thema sein würden, war bei Redaktionsschluss dieser Seite noch unklar. Jedenfalls fand sich die »schöne, große« Pressekonferenz, die noch am Freitag angekündigt worden war, nicht auf der präsidialen Agenda. Trump wollte eine Untersuchung der »unfairen« Handelspraktiken Chinas ankündigen und ein entsprechendes Memorandum unterzeichnen.
Der Rechtspopulist war auch in der eigenen Partei scharf kritisiert worden, weil er die Verantwortung von Rechtsextremisten für die Ausschreitungen nicht beim Namen nannte. Etliche Teilnehmer des Aufmarsches hatten sich als Trump-Anhänger geoutet. Ku-Klux-Klan-Führer David Duke erinnerte Trump daran, dass »es weiße Amerikaner waren, die Ihnen die Präsidentschaft ermöglichten«. Er sprach vor laufenden Kameras von einem »Wendepunkt« für eine Bewegung, die »die Versprechen von Donald Trump erfüllen« wolle. Indes wurden weitere Details über den mutmaßlichen Fahrer bekannt, der in die Menschenmenge gerast ist. Danach heißt das Idol des 20-Jährigen aus Ohio Adolf Hitler.
Während das Weiße Haus sophistisch betonte, dass Trump, der die Gewalt schwammig »vielen Seiten« zuschrieb, damit natürlich auch »Neonazis, den Ku Klux Klan und alle extremistischen Gruppen« verurteilt habe, sprachen andere Klartext. Der republikanische Senator Marco Rubio erklärte, der Präsident müsse die Ereignisse als das beschreiben, was sie sind: »ein Terroranschlag weißer Rassisten«. Trumps Tochter und Beraterin Ivanka schrieb in einem Tweet, dass in der US-Gesellschaft »kein Platz für Rassismus, weiße Vorherrschaft und Neonazis« sein dürfe. Das verbreitete der Vater nicht wie sonst via Twitter weiter. Auch Vizepräsident Mike Pence verurteilte Hass und Gewalt von rechts.
Wie der Bürgermeister von Charlottesville, der Demokrat Michael Signer, dem Sender CBS sagte, habe der Präsident die Rechtsextremen indirekt zu dem Aufmarsch in der kleinen Universitätsstadt ermutigt. Denn er sorge im Land für eine Atmosphäre von »Grobheit, Zynismus und Einschüchterung«. Reagiert hat nun der US-Internetprovider GoDaddy und die Betreiber der rechtsradikalen Internetseite »Daily Stormer« aufgefordert, sich umgehend einen neuen Anbieter zu suchen. Auf der Webseite habe man die Frau verunglimpft, die in Charlottesville getötet wurde, hieß es zur Begründung. Inzwischen sammelten Unterstützer über 200 000 US-Dollar für die Familie der Aktivistin.
Überall im Land kamen Menschen zusammen, um die Gewalt in Charlottesville zu verurteilen. In vielen Städten gab es Andachten bei Kerzenschein; in New York zogen Demonstranten zu Trumps Wohnsitz. Der Präsident wollte am Montag erstmals seit vielen Monaten wieder den Trump-Tower besuchen. Mit Agenturen Seite 7
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