Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat zusätzliche 500 Millionen Euro für Kommunen in Aussicht gestellt für Maßnahmen, um die Luftverschmutzung durch Dieselabgase zu reduzieren. Das Geld stehe bereits im laufenden Haushalt zur Verfügung, sagte sie am Montag in Berlin nach einem Treffen mit Vertretern von Städten und Bundesländern. Es werde »sofort« eine Koordinierungsstelle von Bundesministerien, Ländern und Kommunen eingerichtet, um über förderfähige Projekte in den Städten beraten zu können.
Weil die Belastung der Luft mit gesundheitsschädlichem Stickoxid in vielen Deutschen Städten zu hoch ist, könnten Gerichte die Politik schon bald zu Fahrverboten zwingen. Auch die EU macht deswegen Druck auf Deutschland.
Alle seien der Meinung, dass pauschale Fahrverbote für einzelne Antriebsarten oder Fahrzeugtypen verhindert werden sollten, sagte Merkel. »Die Zeit drängt, und wir sind uns alle einig, dass es ein großer Kraftakt ist.« Parallel liefen die Gespräche mit der Autobranche weiter, etwa zu Softwareupdates für neuere Diesel und Umtauschprämien für ältere Modelle. Derweil vermeldete das Kraftfahrtbundesamt, dass der Marktanteil von Dieselautos im August weiter auf 37,7 Prozent zurückgegangen sei. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wurden 13,5 Prozent weniger Neuwagen mit Dieselmotoren zugelassen.
Beim Dieselgipfel von Politik und Autobranche Anfang August hatte die Bundesregierung bereits einen Fonds »Nachhaltige Mobilität für die Stadt« angekündigt, der Pläne für einen möglichst abgasarmen Verkehr für 28 besonders belastete Regionen finanzieren soll. Bisher war geplant, dass die Autobranche mit 250 Millionen Euro die Hälfte übernimmt. Insgesamt solle der Fonds nun auf eine Milliarde aufgestockt werden, sagte Merkel.
Außenminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) sagte, die Autobranche könne seiner Ansicht nach »durchaus mehr« als 250 Millionen Euro beitragen. Er warnte vor »überzogenen Hoffnungen« hinsichtlich eines schnellen Durchbruchs der Elektromobilität bei Privatautos und mahnte, nicht die Potenziale der Verbrennungsmotoren der Zukunft außer Acht zu lassen.
Dagegen sprach Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan von einem »fatalen Signal«. Statt die Hersteller in die Pflicht zu nehmen, Stadtbewohner vor den Abgasen manipulierter Dieselautos zu schützen, schone Merkel die »betrügerischen Konzerne« weiter. Stephan forderte die Einführung der Blauen Plakette und Hardwarenachrüstungen. Ansonsten würden Gerichte »sehr bald die ersten Fahrverbote verhängen«.
Vor dem Treffen hatten die kommunalen Spitzenverbände einen »Masterplan« zur künftigen Mobilität gefordert. Dazu gehörten die Stärkung des Öffentlichen Personennahverkehrs, die verstärkte Förderung des Radverkehrs und die Reduzierung des Individualverkehrs in den Ballungsräumen, erklärte der Städte- und Gemeindebund.
Vier Wirtschaftsverbände verlangten von den Städten »eine intelligente, vernetzte Infrastruktur mit moderner Verkehrsführung«. Innovative Parkleitsysteme und intelligente Ampelschaltungen zur Vermeidung der umweltschädlichen Start-Stopp-Bewegung könnten einen wichtigen Beitrag leisten. Die Städte müssten zudem mehr in die Erneuerung ihrer kommunalen Flotten investieren. Damit sollten sie noch vor dem Jahreswechsel »schnell und konzentriert« beginnen. nd/Agenturen
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1062702.autokonzerne-muessen-nicht-zahlen.html