Steilpass für Erdogan
Velten Schäfer über diplomatische Drohungen aus dem Fernsehstudio
Der türkische Präsident soll ein guter Fußballer sein. Die Vorlage aber, die ihm nun das »Kanzlerduell« gegeben hat, hätte jeder Doppellinksfuß verwandeln können. Denn die von Martin Schulz in großer Pose vorgetragene Forderung nach einem Abbruch der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei prallte nicht nur an der Kanzlerin ab, die sich sogleich darum kümmern wollte. Sie ist auch genau die Rhetorik, die Recep Tayyip Erdogan liebt.
Selbst wenn nämlich dem Bellen ein Beißen folgen sollte, täte ihm dies nicht weh. Wegfallende »Vorbeitrittshilfen« werden durch die Gelder des »Flüchtlingsdeals« kompensiert. Und ohnehin will Erdogan nicht ernstlich irgendwann Macht an Brüssel abgeben.
Innenpolitisch hingegen nützt ihm die Windbeuteldrohung aus dem ARD-Studio - gegen diejenigen, die seine riskante Großmachtpolitik im Nahen Osten kritisieren: Seht her, die Europäer wollen euch nicht!
Jener Sprecher Erdogans, der die Flanke am Montag prompt aufnahm, lag in einem Punkt gar nicht so falsch mit seiner in diesem Sinne durchsichtigen Invektive gegen den »Populismus« Schulzens und Merkels: Mr. »klare Kante« weiß genau, dass Merkel mit ihrer Drohung, Ankaras Aufnahme in die Zollunion zu blockieren, vor dem »Duell« die substanziellere Sanktion ins Spielgebracht hatte. Und Merkel wiederum ist klar, dass auch dies gar nicht so leicht ist. Bei der EU-Kommission war sie auf Unverständnis gestoßen. Geschäft bleibt dort eben immer Geschäft.
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