An Köln hat Zvonko Milojevic eher durchwachsene Erinnerungen. Mit 17 Jahren beging der legendäre Torhüter von Roter Stern Belgrad im Dezember 1989 im Achtelfinalrückspiel des UEFA-Pokals in der Domstadt sein Debüt. »Diese Trauer, diese Tragödie werde ich nie vergessen«, erinnert er sich an das 0:3 kurz vor Abpfiff, das den haushohen Favoriten aus der Hauptstadt des damaligen Jugoslawiens das frühzeitige Ende aller Finalträume bescherte: »In der der Kabine senkten danach alle nur ihre Köpfe - und schwiegen.«
Am Donnerstag kommt es erneut zum Aufeinandertreffen des 1. FC Köln mit Roter Stern Belgrad. Und auch der Kölner Polizei ist das damalige Gastspiel von Roter Stern Belgrad nicht nur wegen einer ungekannten Feuerwerksorgie auf den Rängen in schlechter Erinnerung geblieben: Dem schlagkräftigen Anhang des Europapokalsiegers von 1991 eilt seit Jahrzehnten ein denkbar schlechter Ruf voraus.
Die Wasserwerfer sind in Bereitschaft gebracht: Mit einem Großaufgebot von 2300 Einsatzkräften hofft die Polizei, befürchtete Krawalle vermeiden zu können. Der 1. FC Köln hat den Einsatz von weiteren 700 Ordnern im Stadion geplant. Gut die Hälfte der rund 5000 erwarteten Anhänger des Roten Sterns dürfte ohne Eintrittskarten anreisen, 500 von ihnen werden als sogenannte Risikofans eingestuft. Auch unter den gewaltbereiten Fans des FC finde derzeit eine »breite Mobilisierung« statt, warnt die Kölner Polizei, die von einem »großen Gewaltpotenzial« spricht: »Ein Tropfen kann das Fass zum Überlaufen bringen.«
Die »Schlacht um Köln« kündigt die Belgrader Zeitung »Blic« an. Zwar hat das Blatt dabei eher das sportliche Kräftemessen der rot-weißen Traditionsklubs im Blick. Doch tatsächlich hat Fangewalt seit den 90er Jahren in Serbien eine lange und triste Tradition. Schon zu Zeiten des verstorbenen Autokraten Slobodan Milosevic wurden willige Fußballschläger von interessierten Politikern und Kriegsherren instrumentalisiert: Aus Hooligans von Roter Stern Belgrad rekrutierte der später ermordete Kriegsverbrecher Zeljko »Arkan« Raznatovic seine gefürchtete Miliz.
Es waren auch Hooligans aus der Fußballszene, die 2004 als Reaktion auf antiserbische Ausschreitungen in Kosovo die Belgrader Moschee anzündeten. Vermutlich mit dem Segen der Geheimdienste und der damaligen Regierung steckten Fans unter den Augen der tatenlosen Polizei im Februar 2008 aus Protest gegen die Unabhängigkeit Kosovos in Belgrad ausländische Botschaften in Brand.
Zwei Jahre später lösten Hunderte Belgrader Anhänger auch im fernen Genua beim Qualifikationsspiel für die Europameisterschaft zwischen Italien und Serbien erneut Angst und Schrecken aus. Mit einem Leuchtraketenangriff auf den italienischen Torhüter erzwangen sie schon in der 6. Minute den Spielabbruch. Die Fotos des maskierten Hooligans Ivan Bogdanovic gingen damals als Sinnbild sinnloser Fußballgewalt um die Welt. Vier Jahre später sollte »Ivan der Schreckliche« beim ebenfalls abgebrochenen EM-Qualifikationsspiel zwischen Serbien und Albanien im Oktober 2014 vor den Augen der Kameras erneut ungeniert den Platz stürmen.
Zu harten Strafen werden die mit der Drogenmafia in Serbien eng verbandelten Schläger fast nie verurteilt. Der Staat habe durch die laxe Verfolgung die im Namen vermeintlicher Klub- und Vaterlandsliebe verübte Gewalt der Schläger »praktisch legalisiert«, konstatierte bereits die Journalistin Brankica Stankovic bereits im Jahr 2010 in der Fernsehdokumentation »Die Ohnmacht des Staats« über die Gewaltexzesse der Hooligans: Wegen Todesdrohungen musste sie danach monatelang unter Polizeischutz gestellt werden.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1065121.die-wasserwerfer-stehen-bereit.html