Nach vier Monaten erbitterter Kämpfe, Tausenden Toter und einer zerstörten Stadt ist es vollbracht: Rakka, die letzte große IS-Bastion in Syrien, konnte von den kurdisch-arabischen Syrisch Demokratischen Kräften (SDF) mit Hilfe der Koalition befreit werden. Angesichts der umfassenden Zerstörung und des Leids der Zivilisten ist es ein bitterer Sieg; in Anbetracht des Terrors der Dschihadisten auch ein notwendiger. Nach der militärischen Herausforderung steht die nordsyrische de-facto-Förderation »Rojava« nun jedoch vor einer politischen Aufgabe: Die Bewohner Rakkas – Frauen wie Männer; mehrheitlich sunnitische Araber, einige Kurden und armenische Christen – müssen in einem neuen System repräsentiert werden und dabei auch zusammenarbeiten.
Keine leichte Aufgabe: Ein Teil der Bevölkerung Rakkas hatte den IS schließlich unterstützt. Die Gefahr ist groß, dass die arabischen Bewohner die Kurdenmiliz YPG des SDF-Bündnisses als Besatzungsmacht betrachten. Unzufriedenheit durch einen schleppenden Wiederaufbau oder politische Machtkämpfe könnten zu einer Stärkung verborgener Dschihadistenreste führen. Andererseits bietet das »Rojava«-System mit seiner Geschlechterquotierung und seinen eher dezentralen Ratsstrukturen eine Möglichkeit, eben jene Bandbreite der Bevölkerung partizipativ einzubinden. In der zuvor befreiten mehrheitlich arabischen Stadt Manbidsch war das gelungen.