nd-aktuell.de / 28.03.2007 / Ratgeber

Werbungskosten: Strengere Nachweispflicht bei Steuerbelegen

Das Finanzamt stellt höhere Ansprüche beim Werbungskostenabzug. Wegen zunehmenden Missbrauchs drohen jetzt sogar Bußgelder.
Sie ist wieder voll im Gange, die hektische Suche in Kartons oder Ordnern nach den Belegen für die anstehende Steuererklärung 2006. Besonders bei Fachbüchern sollten die Quittungen genau überprüft werden, da die Anerkennung nicht mehr so problemlos wie in der Vergangenheit läuft. Denn dort wurde der Gestaltungsspielraum oft deutlich überschritten. Darauf weist die Kanzlei Dr. Ebner, Dr. Stolz & Partner aus Hannover hin.

Nachbars Quittungen für die eigene Steuererklärung
Da ließen sich Arbeitnehmer in der Fachabteilung des Buchladens eine Quittung ausstellen, den Kassenbereich sah diese Literatur aber nicht. Denn der Kunde ging mit Beleg und ohne Buch nach Hause und setzte die nicht angefallenen Kosten bei der Steuer ab. Beliebt war auch der Tausch unter Kollegen und Freunden. Da wurde die Quittung über das Medizinlexikon oder das PC-Handbuch mehrfach der Erklärung beigefügt. Kamen die Belege vom Finanzamt zurück, nutzte sie der nächste für seinen Kostenabzug.
Wer keinen großen Bekanntenkreis hatte, besorgte sich die entsprechenden Kaufunterlagen für die Fachliteratur über das Internet. Für 20 Euro beispielsweise gab es die gewünschten Quittungen über 198 Euro.
Diese kleinen oder großen Schummeleien waren dem Fiskus doch zu viel. Um Internetauktionen mit Belegen über Fachliteratur oder Tankquittungen einzudämmen, gilt die Weitergabe seit einigen Monaten aufgrund des Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen als Ordnungswidrigkeit. »Derartige Missbräuche können mit einer Geldbuße bis zu 5000 Euro geahndet werden«, erläutert Steuerberater Wilfried Steinke. Finanzbeamten können die unberechtigte Weitergabe von Belegen als Steuerordnungswidrigkeit verfolgen.
Hinzu kommt ein Urteil des Bundesfinanzhofs, wonach Steuerzahler eine erhöhte Nachweispflicht bei der Fachliteratur haben (Az: VI B 155/00). Erforderlich ist die Vorlage der Quittung von Buchladen oder Onlinehändler. Sie muss den Namen des Käufers sowie den Titel der Fachliteratur enthalten. Darüber hinaus muss dem Finanzamt die Zahlung belegt werden, etwa die Abbuchung vom Konto oder der Kassenbeleg mit dem entsprechenden Betrag. Nur wenn diese drei Voraussetzungen gemeinsam erfüllt sind, können die Aufwendungen steuermindernd als Werbungskosten geltend gemacht werden. 

Nachweis mit Namen, Adresse und Datum
Arbeitnehmer sollten die neuen erhöhten Anforderungen beachten. Das gilt nicht nur für künftige Einkäufe, sondern auch für die bereits vorliegenden Belege. Im Nachhinein ist es für den Buchhändler allerdings kaum möglich, diese Daten noch zu ergänzen. Doch wie konsequent wenden die Finanzbeamten die neue Regelung an? »Grundsätzlich haben sie das Recht, auch bei Kleinbeträgen auf die erhöhte Nachweispflicht zu pochen und pingelig zu sein«, so Steinke. 

Immer weniger Zeit für den einzelnen Steuerfall
Doch dies ist sehr arbeitsintensiv, etwa den Arbeitnehmer wegen eines Buchkaufs über 20 Euro anzuschreiben. Zumal Personalrationalisierungen sowie komplizierte Vorschriften immer weniger Zeit für den einzelnen Steuerfall lassen. Daher erleichtert den Beamten eine saubere Auflistung der Kosten nebst Anlagen die Arbeit, die Erklärung geht schneller und mit größerer Wahrscheinlichkeit ohne Nachfrage durch. Statistisch gesehen wird nur jeder 100. Steuerzahler mit Einkommen bis zu 100 000 Euro intensiver unter die Lupe genommen. Daher münden Angaben in der Steuererklärung immer öfter ungeprüft eins zu eins im Steuerbescheid, auch wenn der Beleg über die Fachliteratur nicht alle Anforderungen erfüllt.
Ob und wann Belege der Erklärung beizufügen sind, hängt vom Einzelfall ab. So verlangt wohl nur selten ein Beamter einen Belegnachweis, wenn ein Computerfachmann Bücher im Wert von 150 Euro fein säuberlich mit Namen, Preis und Kaufdatum auflistet. Faustregel: Ausgaben werden problemlos akzeptiert, wenn sie nach allgemeiner Lebensauffassung anfallen sowie bei der Höhe des Einkommens üblich sind. Je höher dieses ist, desto wahrscheinlicher ist der problemlose Abzug.
Auch wenn die Belege nicht der Erklärung beigefügt werden oder vom Finanzamt zurückkommen, sind sie zumindest bis zur Vorlage des Steuerbescheides aufzubewahren. Streicht das Finanzamt Aufwendungen, gelingt der Ansatz mittels Einspruch besser, wenn die Quittungen erneut oder erstmals vorgelegt werden.
Auf eine Neuregelung macht der Bund der Steuerzahler aufmerksam. Für alle diejenigen, die zum Beispiel einen Autounfall auf dem Weg zur Arbeit hatten, hat das Jahr mit einer Hiobsbotschaft begonnen. Mit der Neuregelung der Entfernungspauschale hat der Gesetzgeber auch die bislang bestehende Möglichkeit, Aufwendungen für Autounfälle auf dem Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten abzuziehen, zum 1. Januar 2007 abgeschafft, und zwar auch für diejenigen, deren Wohnung weiter als 20 km von der Arbeitsstätte entfernt liegt. Die Unfallkosten können daher generell steuerlich nicht mehr geltend gemacht werden. 

Neuregelung bei Wegeunfällen
Mit der Streichung der Entfernungspauschale hat der Gesetzgeber bekanntlich die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte der Privatsphäre zugeordnet, behandelt diese also nicht mehr als beruflich veranlasst. Folglich können die Aufwendung für die ersten 20 km der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht mehr als Werbungskosten abgezogen werden. Lediglich für so genannten Fernpendler besteht die Möglichkeit, die Aufwendungen ab dem 21. Kilometer in Höhe von 0,30 Euro pro Entfernungskilometer »wie« Werbungskosten abzuziehen. 

Vorsichtshalber Widerspruch einlegen
Die Neuregelung ist nach Einschätzung des Bundes der Steuerzahler verfassungsrechtlich bedenklich. Das Bundesverfassungsgericht hatte nämlich im Beschluss vom 4. Dezember 2002 ausdrücklich festgestellt, dass es »traditioneller Teil der Grundentscheidung des deutschen Einkommensteuerrechts sei, die steuerrechtlich erhebliche Berufssphäre nicht erst am Werkstor beginnen zu lassen«. Die Gesetzesänderung verstößt somit nach Auffassung des Bundes der Steuerzahler gegen das so genannte Nettoprinzip, wonach mit Erwerbseinkommen in Zusammenhang stehende Aufwendungen auch steuerlich abziehbar sein müssen. Der Bund der Steuerzahler hat gegen die Neuregelung ein Musterverfahren vor dem Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern angestrengt (Az.: 1 K 497/063).
Betroffenen rät der Bund der Steuerzahler daher, alle Belege über die durch den Unfall verursachten Aufwendungen aufzubewahren, mit der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 einzureichen und gegen ablehnende Entscheidungen der Finanzämter Einspruch einzulegen, um die Verfahren bis zur Entscheidung des Musterverfahrens offen zu halten.