Warschau. Der polnische Holocaust-Überlebende Kazimierz Piechowski, der 1942 in einem gestohlenen Fahrzeug der SS aus dem Vernichtungslager Auschwitz entkam, ist tot. Wie das Institut für Nationales Gedenken (INR) mitteilte, starb Piechowski am Freitag im Alter von 98 Jahren in der Hafenstadt Danzig. Er war 1940 nach Auschwitz deportiert worden. Zwei Jahre später gelang ihm zusammen mit drei Mithäftlingen die spektakuläre Flucht.
Die vier besorgten sich Uniformen und Waffen der SS und verließen das KZ-Gelände am 20. Juni 1942 im Dienstwagen des Lagerkommandanten Rudolf Höß, einem Steyr 220. »Manche Leute erzählen die Geschichte, dass wir, als wir frei waren, Höß eine Postkarte geschickt hätten, um ihm für das Auto zu danken«, sagte Piechowski vor einigen Jahren dem INR. »Die Wahrheit ist, dass wir so etwas niemals getan haben.«
Bei sich hatten die Geflüchteten einen Bericht über die Zustände in Auschwitz, der für den polnischen Widerstand im Exil bestimmt war. Der Bericht war das erste derart detaillierte Dokument über die Verbrechen in dem NS-Vernichtungslager. Piechowski schloss sich später der polnischen Heimatarmee im Untergrund (AK) an. Nach Kriegsende wurde er von den Behörden zu zehn Jahren Haft verurteilt.
Das todesmutige Entkommen des Quartetts aus dem KZ Auschwitz wurde 2007 vom polnischen Regisseur Marek Pawlowski in dem Dokumentarfilm »Die Flucht« festgehalten - mit Piechowski in einer der tragenden Rollen.
Das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau war im Zweiten Weltkrieg im damals besetzten Polen das größte NS-Vernichtungslager. Mehr als 1,1 Millionen Menschen wurden zwischen 1940 und 1945 dort ermordet, darunter eine Million europäische Juden. AFP/nd