Moskau und Kiew steigern den Handel

  • Denis Trubetskoy
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Ukraine und Russland erleben gerade nicht die besten Zeiten. Aufgrund der russischen Annexion der Krim und des Krieges brach der Handel 2014 ein, ging auch 2015 und 2016 stark zurück. Zudem hat Moskau das Freihandelsabkommen mit Kiew nach dem Inkrafttreten des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und der Ukraine aufgekündigt. Eigentlich sollte das Jahr 2017 nicht besonders gut für den ukrainisch-russischen Handel aussehen.

In Wirklichkeit zeigte er aber einen überraschend starken Zuwachs. Der offiziellen Statistik zufolge, die Mitte Dezember präsentiert wurde, wuchs der bilaterale Warenumsatz im Zeitraum von Januar bis Oktober 2017 im Vorjahresvergleich um 26,5 Prozent auf 8,78 Milliarden US-Dollar. Dabei sind die ukrainischen Einfuhren um 36,5 Prozent gestiegen, die Ausfuhren um 20,9 Prozent.

Damit bleibt Russland ganz souverän der wichtigste Handelspartner des Landes, obwohl die EU als Gesamtmarkt noch die Nase vorn hat. Obwohl die Wichtigkeit des russischen Marktes für Kiew trotz aller politischen Schwierigkeiten wirtschaftlich unumstritten ist, war diese Entwicklung nicht absehbar. Vielmehr wurde damit gerechnet, dass der bilaterale Handel 2017 weiter sinkt, zumal es ja Freihandel mit der EU gibt. Jedoch ist das Gegenteil der Fall: Russland belegt den dritten Rang, was die Länderzuwächse bei der ukrainischen Ausfuhr angeht.

Was aber sind die Gründe für diese überraschende Entwicklung? »Sie ist logischer, als viele denken, man sollte nur die Politik draußen lassen«, sagt der ukrainische Wirtschaftsexperte Olexander Ochrymenko. »Die globale Wirtschaft wächst gerade, da wächst natürlich auch der Warenumsatz. In Russland gibt es die gleiche Tendenz, daher wächst die Nachfrage nach ukrainischen Waren - unabhängig davon, was in der Politik passiert.« Laut Ochrymenko betreffen die Wirtschaftssanktionen, die Kiew gegen Moskau einführte, beim Warenhandel fast nur die Lebensmittelbranche. Sie hätten ansonsten mehr mit den Kapitalmärkten zu tun.

»Der Zuwachs hat damit zu tun, dass es gerade bei der Einfuhr Branchen gibt, bei denen der russische Markt quasi unersetzbar ist«, konstatiert Natalja Mykolska, stellvertretende Wirtschaftsministerin der Ukraine. »Das betrifft in erster Linie den Energiebereich, denn wir sind oft gezwungen, Energierohstoffe einzukaufen. Dazu kommen Dünger und Ersatzteile für den Maschinenbau.« Mykolska macht zudem deutlich: Bei Nachbarn ergebe es nur wenig Sinn, den Handel komplett einzustellen. »Nachbarländer tendieren immer zum Handel. Das ist eine ganz natürliche Sache, die politisch nicht leicht zu korrigieren ist«, sagt sie. Kiews Strategie ist daher einfach: »die Ausfuhr vergrößern und die Einfuhr verkleinern«.

Ob es allerdings gelingt, dies in absehbarer Zeit zu schaffen, scheint fraglich - auch wenn die Nachfrage aus Russland nach ukrainischen Waren in einigen Branchen wie dem Baubereich groß ist. »Der Handel mit Russland ist wirtschaftlich wichtig, aber extrem unberechenbar«, betont Mykolska. »Russland führt oft politisch motivierte Sanktionen gegen ausländische Waren ein. Das erleben wir fast jedes Jahr. Daher müssen wir dafür sorgen, dass unsere Wirtschaft nicht zu sehr vom Handel mit Moskau abhängt.« Eine Aufgabe, die nicht so leicht umsetzbar ist.

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