- Wirtschaft und Umwelt
- Kryptowährung Petro
Venezuelas Präsident im Krypto-Fieber
Am Dienstag werden die ersten Einheiten des Petro emittiert - als Sicherheit dient ein Ölfeld im Orinoco-Gürtel
Euphorisch hatte der Präsident die Kryptowährung bereits Anfang Dezember angekündigt. Der Petro - abgeleitet vom spanischen Wort petróleo (Öl) - werde helfen, die von den USA verhängte Finanzblockade zu umgehen und den Schwarzmarktkurs des Dollar in die Knie zwingen, so der Präsident. Seinen Landsleuten gab er gleich eine technische Einführungsstunde in die Welt der Kryptowährungen. »Der Staat wird die vollständige Kontrolle über die Ausgabe haben«, stellte Maduro klar. Zur Absicherung der neuen Währung hinterlegte er ein Ölfeld im Orinoco-Gürtel, in dem eine Fördermenge von mehr als fünf Milliarden Fass Rohöl liegt.
Während also grundlegende Eigenschaften von Kryptowährungen wie dezentrale Kontrolle sowie das Fehlen staatlicher Überwachung und materieller Sicherheiten ausgeschlossen sind, werden der Weiterverkauf und die Anonymität beim Abwickeln von Transaktionen erlaubt sein. »Der Petro ist eine Kryptowährung, die durch eine Zentralbank ausgegeben wird, die für die Hyperinflation der Landeswährung Bolívar verantwortlich ist«, sagt Jean-Paul Leidenz Font von der unabhängigen Agentur Ecoanalítica. »Die einzige Sicherheit bei Kryptowährungen ist das durch Algorithmen und Regeln zur Überprüfbarkeit der Transaktionen geschaffene Vertrauen«, so der Analyst.
Wer sollte also in eine Kryptowährung investieren, die die allgemeinen Regeln nicht einhält und über Ressourcen abgesichert werden soll, bei denen Venezuela immer weniger in der Lage ist, sie zu fördern und zu exportieren? Hinzu kommen die US-Sanktionen, nach denen es US-Bürgern und -Unternehmen verboten ist, Geschäfte mit venezolanischen Firmen zu machen, egal ob privat oder staatlich. Gerade hat das US-Finanzministerium gewarnt, der Petro-Erwerb könne einen Sanktionsverstoß darstellen.
Für die mehrheitlich von der Opposition beherrschte Nationalversammlung ist der Petro denn auch keine Kryptowährung, sondern eine simple Verschuldungsmaßnahme, mit der die Regierung an frische Dollar kommen will. Das Parlament erklärte die Ausgabe des Petro für »nicht gültig«.
Tatsächlich deutet viel darauf hin, dass es sich hierbei vor allem um eine neue Art der Kreditbeschaffung handelt. Seit die internationalen Ratingagenturen Venezuela Mitte November als teilweise zahlungsunfähig eingestuft haben, ist der Zugang zum internationalen Kreditmarkt nahezu versperrt. Die Regierung sucht daher händeringend nach neuen Finanzquellen.
Die ersten Petros werden denn auch nicht per »Mining« entstehen, wie das etwa bei Bitcoins der Fall ist, sondern von der Regierung ausländischen Investoren im Tausch gegen Devisen angeboten, sagt Leidenz Font. »Das könnte sich ändern, sobald der Petro seine eigene Blockchain hat und es zu Änderungen der Ausgaberegeln kommt«, fügt er hinzu. Wer sich allerdings am »Mining« beteiligen will, muss sich in ein staatliches Register eintragen - noch ein Gegensatz zu Bitcoins und Co. Knapp 900 000 Personen sollen bereits staatlich registriert sein. »Wir werden alle aufrufen, Kryptowährungsteams zu bilden und in allen Bundesstaaten und Kommunen Kryptowährungsstellen für das Mining einzurichten«, so Maduro.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.