Für eine Gesellschaft ohne Hass und Hetze

Potsdam bekennt Farbe und stellt sich gegen einen Neonaziaufmarsch am Justizzentrum

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

In Potsdam war es lange ruhig. Nun soll aber auch hier wieder einmal ein Neonaziaufmarsch stattfinden. Zum Tag der politischen Gefangenen am 18. März - das ist im Prinzip auch ein Termin für die Rote Hilfe - wollen sich Neonazis vor dem Potsdamer Justizzentrum an der Jägerallee versammeln und hier die Freilassung des berüchtigten Holocaustleugners Horst Mahler verlangen.

Mahler, der wegen seines Gesundheitszustands zeitweilig Haftverschonung genoss, hatte sich 2017 nach Ungarn abgesetzt, wo er angeblich Asyl beantragen wollte. Ungarn hatte ihn aber an die Bundesrepublik ausgeliefert. Er sitzt jetzt wieder in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel. Das Bündnis »Potsdam bekennt Farbe« ruft dazu auf, um 14 Uhr zu einer Gegenkundgebung in die Jägerallee zu kommen. »Holocaustleugnung und Volksverhetzung sind keine Kavaliersdelikte, sondern ein Angriff auf unsere demokratische und offene Gesellschaft«, findet Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). »In Potsdam leben wir Toleranz und Vielfalt. Und wir sind stolz darauf. Deshalb werden wir auch diesmal wieder gemeinsam und zahlreich allen rechtsextremen und menschenverachtenden Umtrieben trotzen.« Es soll eine Kundgebung »für eine menschenfreundliche Gesellschaft ohne Hass und Hetze« werden.

Das Bündnis »Potsdam bekennt Farbe« sei das »demokratische Bollwerk unserer Stadt gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz«, sagt die parteilose Gleichstellungsbeauftragte Martina Trauth, die bei der Potsdamer Oberbürgermeisterwahl am 23. September für die LINKE kandidiert. »Wenn es um Toleranz, Weltoffenheit und eine vielfältige Gesellschaft geht, stehen Stadtspitze, Verbände und Vereine sowie die demokratischen Parteien gemeinsam für ein buntes Potsdam ein«, versichert Trauth. »Wir wollen auch weiterhin auf friedlichem Wege klar zeigen: alle Menschen unabhängig ihrer Hautfarbe, Religion oder sexuellen Identität sind in Potsdam willkommen. Das macht Potsdam aus und ist für das Klima und die Lebensqualität in unserer Stadt unverzichtbar.« Trauth verspricht, sie würde sich als Oberbürgermeisterin an die Spitze der beispielgebenden Bewegung »Potsdam bekennt Farbe« setzen.

Oberbürgermeister Jakobs kandidiert nicht noch einmal. Nach der Wahl im September wird er abtreten. Die SPD schickt an seiner Stelle den Sozialbeigeordneten Mike Schubert ins Rennen. Die AfD probiert es mit ihrem Stadtverordneten Dennis Hohloch. Hohloch ist einer von derzeit zwei AfD-Stadtverordneten in Potsdam und zugleich Landesvorsitzender der Nachwuchsorganisation »Junge Alternative«. Als Landeschef der »Jungen Alternative« wurde er in Medienberichten mit T-Shirts in Verbindung gebracht, die aufgedruckte Pistolen und die Aufschrift »Merkel Jagd Club« tragen. Das bezog sich auf eine Ankündigung von AfD-Frontmann Alexander Gauland am Abend der Bundestagswahl 2017, die AfD werde Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nun »jagen«. Einem Bericht der »Märkischen Allgemeinen« zufolge will der ehemalige Sozialdemokrat Hohloch eine autofreundliche Politik betreiben und die Asylpolitik zum Wahlkampfthema machen. Die Oberbürgermeisterwahl im September soll demnach ein Testlauf für die Kommunalwahl 2019 sein, bei der die AfD nach Schätzung Hohlochs in Potsdam zwölf bis 13 Prozent erzielen könnte.

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