Es ist Gerd Müllers Formel: Mehr Entwicklungshilfe gleich weniger Migration. Immer wieder argumentiert der deutsche Entwicklungsminister, dass die Bekämpfung der Fluchtursachen eine Kernaufgabe der Entwicklungspolitik sei. Was auf den ersten Blick einleuchtend klingt, lässt sich wissenschaftlich nicht erhärten. Gerade hat das Institut zur Zukunft der Arbeit einen Forschungsbericht vorgelegt, der bestenfalls einen schwachen Beleg sieht, dass mit mehr Entwicklungshilfe die Migration aus armen Ländern sich deutlich reduzieren ließe.
Diesen direkten Zusammenhang gibt es nicht, weil erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung - wegen oder trotz Entwicklungspolitik - in den Ländern des Globalen Südens mehr Menschen die Ressourcen verschafft, gen Europa aufzubrechen. Das heißt freilich nicht, dass Entwicklungspolitik ein Migrationsauslöser ist und die Umkehrung der Müller-Formel, uns dem »Ziel« weniger Migration näherbringen würde. Die meisten Menschen verlassen wegen Kriegen, Krisen und Konflikten ihre Heimat, das hat 2015 klar gezeigt. Die Entwicklungspolitik kann Kriege nicht beilegen. Was die Entwicklungspolitik strategisch im besten Falle vermag, ist, demokratische Strukturen, ein funktionierendes Gesundheits- und Bildungssystem in den Ländern des Südens zu fördern. Allein wegen wirtschaftlicher Motive fliehen die wenigsten, schon deswegen ist der Begriff »Wirtschaftsflüchtling« wenig trennscharf und sinnvoll. Migration und Entwicklung müssen zusammen gedacht werden, sodass Ziel- und Herkunftsländer ebenso wie Migrant*innen profitierten. Das wäre eine sinnvolle Formel.