nd-aktuell.de / 20.07.2018 / Berlin / Seite 11

Die schwere Qual der Feiertagswahl

Dass Berlin einen zusätzlichen freien Tag bekommt, steht fest – bloß welchen? Ein Überblick

Jérôme Lombard

Berlin bekommt einen neuen Feiertag. Ginge es nach den Lesern der »Berliner Morgenpost«, würde dieser Tag der 17. Juni werden. Einer aktuellen Online-Umfrage der Zeitung zufolge spricht sich eine Mehrheit von 56 Prozent der Befragten für den Tag des Arbeiteraufstandes in der DDR als zukünftig arbeitsfreies Datum aus. Auf dem zweiten Platz der Umfrage landet der 8. Mai mit 23 Prozent. Dahinter folgt der 18. März mit 14 Prozent. Der Frauentag am 8. März landet mit sieben Prozent Zustimmung an vierter Stelle. Über die anderen in der Debatte kursierenden Vorschläge, Internationaler Schoah-Gedenktag am 27. Januar und Reformationstag am 31. Oktober, konnte man wohl nicht abstimmen. Nun ist diese Umfrage sicherlich nicht repräsentativ für die Berliner Bevölkerung. Erstaunlich ist aber dennoch, dass auch ein Voting vom rbb zur Feiertagsfrage zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommt und den 17. Juni in der Gunst der Befragten weit vorne sieht.

Woran mag das liegen? Wünschen sich da viele Wessis einen Feiertag der alten Bundesrepublik zurück? Das könnte bei manchen durchaus zutreffen. Sehen vielleicht viele Berliner das Gedenken an den Aufstand gegen das SED-Regime auch als eine in der heutigen Zeit noch wichtige Botschaft gegen Gewalt und Unrecht? Auch das mag bei dem ein oder anderen die Wahl beeinflusst haben.

Sehr wahrscheinlich haben aber auch viele der Umfrageteilnehmer bei ihrer Stimmenabgabe einen Blick auf den Kalender geworfen. Der 17. Juni liegt immerhin im sonnigen Juni und damit in einem Monat, in dem es bisher noch keinen Feiertag gibt. Es sei denn, das Pfingstfest rutscht in den Juni, aber das ist ja nun nicht jedes Jahr der Fall. Sommer und arbeitsfrei, das passt natürlich wie die Faust aufs Auge!

Niemand wird bestreiten können, dass der pragmatische Blick auf den Kalender und damit die Jahreszeit sowie die Feiertagsdichte pro Monat in der Debatte um den neuen gesetzlich verankerten freien Tag eine entscheidende Rolle spielt.

Durchaus pragmatisch wird auch der Regierende Bürgermeister Müller gedacht haben, als er den 18. März zu seinem Favoriten erklärt hatte. Im März gibt es manchmal nur den Karfreitag und Ostermontag. Hinzu kommt die Botschaft des Tages als ein Datum, an dem der Märzrevolution 1848 gedacht wird und damit die erste revolutionär-demokratische Erhebung hierzulande gewürdigt wird. Natürlich hätte sich Müller als Feiertagspragmatiker auch für den Frauentag am 8. März oder den 17. Juni aussprechen können. Aber das ist dann eine Frage des Standpunkts.

Im Umkehrschluss bedeutet dieser Pragmatismus aber auch, dass wichtige Tage wie der 27. Januar oder der 8. Mai weniger Chancen haben werden, zum Feiertag ernannt zu werden. Der Januar liegt nah an Weihnachten, Silvester und Neujahr und im Mai gibt es mit drei freien Tagen schon einen regelrechten Feiertagsmarathon. Wer Pragmatismus grundsätzlich blöd findet, kann es auch mit der Wirtschaft halten. Die lehnt jede Form des Feiertags ab.