Eigentlich hat er den Prager Frühling herbeigezaubert: der Germanist Eduard Goldstücker. Und zwar mit der Internationalen Kafka-Konferenz auf Schloss Liblice 1963. Das Treffen der Schriftsteller und Literaturwissenschaftler hat - wie mir Goldstücker vor vielen Jahren sagte - »nicht nur Kafka von den Fesseln der Zensur befreite. Da wurden geistige Horizonte eröffnet.« Kafka war bis dahin in den kommunistischen Ländern lange Zeit verboten. Seine Albträume über hierarchisch-bürokratische, menschenfressende Systeme schienen zu viel Parallelen zu den stalinistischen Herrschaftspraktiken aufzuweisen.
Goldstücker studierte in Prag; das Studium musste der Spross einer jüdischen Familie im britischen Exil abschließen. Nach dem Krieg im Prager Außenministerium tätig, wurde er 1950 der erste Botschafter in Israel, im Jahr darauf zurückbeordert, in einem Schauprozess zu lebenslanger Haft verurteilt und 1955 rehabilitiert. Der Einmarsch der »Warschauer Fünf« war für ihn ein Schock: »Die 1968 einmarschierten, das waren unsere Verbündeten, unsere Brüder, Garanten unserer Sicherheit.« Karlen Vesper
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