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»Ein Cabrioline, das wäre toll«

Schau des Deutschen Kinderwagenmuseums im sachsen-anhaltischen Zeitz um die Zekiwa-Jahre erweitert

  • Jörg Aberger, Zeitz
  • Lesedauer: 3 Min.

Kristin Otto und ihre Mitstreiter haben die Schau des Deutschen Kinderwagenmuseums erweitert: In Zeitz ist nun die Entwicklung des Kinderwagenbaus in der Stadt im südlichsten Zipfel Sachsen-Anhalts von den Anfängen 1846 bis 1990 zu sehen. »Die Zekiwa-Jahre« ist der jüngste Teil der Ausstellung überschrieben, der die Zeit von 1950 bis 1990 abbildet. »Zeitz ist die Stadt der Kinderwagen«, sagt Museumsleiterin Otto. »1926 gab es in Zeitz allein zwölf von deutschlandweit 26 Betrieben, die Kinderwagen bauten, 4000 Beschäftigte verdienten hier ihren Lohn.«

Ins Rollen brachte die Branche der Stellmacher Ernst Albert Naether, der 1852 auf der Leipziger Messe seine ersten Kinderwagen vorstellte. Neben Naether gehören bald Wünsch & Pretzsch, Opel & Kühne oder auch Paul Gärtner zu den großen Namen im Zeitzer Kinderwagenbau.

»Kinderwagen konnten die Käufer damals ungefähr so zusammenstellen, wie es heute bei neuen Autos funktioniert«, erzählt Otto. In den Katalogen, die zum Teil in digitalisierter Form einsehbar sind, werden neben den Normfarben auch Sonderfarben angeboten. Es lassen sich besondere Lederarten für die Bespannung bestellen, die Holzschubstange kann durch ein Exemplar aus Porzellan ersetzt werden.

Die Geschäfte florierten bis zum Zweiten Weltkrieg. Aus allen Produktionsjahren stehen Exemplare in der Ausstellung. Wobei es Lücken gibt: »In den 1920ern waren niedrige, schwarze Kinderwagen in Mode, die eher an Särge erinnerten«, berichtet Otto. Viele davon wurden daher nicht aufgehoben. Eine andere Lücke ist viel schmerzhafter für die Museumschefin: »Wenn wir ein Naether Cabrioline bekommen könnten, das wäre toll.«

1946 wurden die großen Firmen enteignet und zu einer Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) zusammengeschlossen. 1947 stellten die Zeitzer Firmen zum ersten Mal nach dem Krieg wieder auf der Leipziger Messe aus - alle mit ihrem eigenen Produktionsprogramm. Am 1. Januar 1950 entstand der VEB Zeitzer Kinderwagen und Holzindustrie Zekiwa.

Das Unternehmen entwickelte sich zum größten Kinderwagenhersteller Europas, nachdem weitere Kinderwagenfirmen in Ostdeutschland eingegliedert wurden. Zekiwa wuchs unaufhaltsam: Arbeiteten 1950 für den VEB 760 Menschen, waren es in den 1980er Jahren 2000, überwiegend Frauen. Eine Zahl von 1980 zeigt die Größenordnung der Produktion: 368 634 Kinder-, 163 191 Sport- und 305 997 Puppenwagen gingen in alle Welt. Es dürfte kaum einen Bürger der DDR geben, der nicht in einem Kinderwagen aus Zeitz gelegen hat oder seine Kinder in einem solchen geschoben hat.

»Der ›Panoramawagen‹ war ein Renner vor allem in der Sowjetunion«, berichtet Otto. Die Sichtfenster im Wagen ermöglichten den Kindern einen Blick nach draußen. Er wurde bei Zekiwa erfunden und gehörte zwischen Mitte der 1970er und 1980er Jahre zu den Verkaufsschlagern der Zeitzer. Deren Produkte fanden nicht nur in Osteuropa Abnehmer, auch in den Westen wurde exportiert und damit wichtige Devisen eingenommen. Etwa in der Bundesrepublik konnten die DDR-Kinderwagen gekauft werden, unter anderem hatten große Versandhäuser sie im Programm.

Mit der Wende wurde Zekiwa 1990 in eine GmbH umgewandelt. Der Zusammenbruch der Staaten im Osten, die zu den Hauptabnehmern gehörten, leitete den Niedergang ein. 1996 hatte Zekiwa noch 82 Mitarbeiter, die 30 000 Kinder- und 120 000 Puppenwagen produzierten. Ab 1997 wurde die Produktion nach Osteuropa und Asien verlagert, in Zeitz verblieben nur Produktentwicklung und Vertrieb.

Inzwischen werden die Zekiwa-Kinder- und Puppenwagen wieder in der Europäischen Union gebaut. Deshalb sind auch einige Zekiwa-Wagen aus jüngster Zeit zu sehen. dpa/nd

Das Museum ist von März bis Dezember dienstags bis sonntags von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet für Erwachsene 6 Euro, für Kinder bis 14 Jahre sowie Ermäßigungsberechtigte 4 Euro.

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