Seit rund vier Wochen sind sie nun da - die polnischen Sozialarbeiter, von denen bereits seit etwa einem Jahr die Rede ist. Zwei sind es nach Angaben der Barka-Stiftung, die das Programm, das das polnische Parlament kürzlich genehmigt hat, koordiniert.
Einer der beiden - die Namen wollte Barka nicht nennen - ist selbst ehemaliger Obdachloser, hat einen »Rehabilitierungsprozess« der Stiftung durchlaufen, Alkohol und Drogen abgeschworen und ein Trainingsprogramm durchlaufen, um Sozialarbeiter zu werden. Er ist »Team Leader«, während die zweite Person Barka zufolge ein Sozialassistent ist.
Die beiden Mitarbeiter sollen klassische Streetworker-Arbeit machen: Polnische Obdachlose an Orten aufsuchen, an denen sie sich in der Regel aufhalten, ihnen Unterstützung bei Fragen zu Gesundheit und Arbeitsmöglichkeiten geben. Nicht im Vordergrund steht laut Barka die Rückführung nach Polen. Bisher hatten sowohl Vertreter sozialer Einrichtungen als auch des Berliner Senats Skepsis gegenüber dem Programm geäußert. Unter anderem Sozialsenatorin Elke Breitenbach (LINKE) hatte erklärt, Hilfe müsse immer im Mittelpunkt stehen, die polnischen Sozialarbeiter dürften den Obdachlosen nicht einfach nur eine Fahrkarte nach Polen in die Hand drücken.
Mittlerweile hat es Breitenbachs Sprecherin Regina Kneiding zufolge ein Treffen zwischen Vertretern der polnischen Botschaft, der Stiftung Barka und der Senatsverwaltung zum Thema gegeben, auf dem man sich ausgetauscht habe. »Wir haben unsere Ziele und Erwartungen formuliert und deutlich gemacht, dass der Einsatz polnischer Sozialarbeiter über unser Hilfesystem laufen muss«, sagte Kneiding dem »nd«.
Das Programm läuft zunächst bis Ende 2018 und soll mit einem niedrigen fünfstelligen Betrag nicht besonders üppig ausgestattet sein.
Barka kooperiert nach eigenen Angaben mit der Stadtmission und der Caritas. Einzelne Einrichtungen der Caritas seien zwar von Barka angesprochen worden, sagte ein Sprecher dem »nd«. Von einer Zusammenarbeit könne aber bisher nicht die Rede sein. Auch die Stadtmission spricht nicht von einer Kooperation, hat aber schon mehr Kontakte: Der sogenannte Team Leader ist Mitarbeiter der Stadtmission und arbeitet in einer Einrichtung in Friedrichshain mit. Dort können sich Obdachlose individuell beraten lassen, mit dem Ziel, Perspektiven außerhalb des Hilfesystems zu erhalten.
Rund 6000 Obdachlose leben Schätzungen zufolge auf Berlins Straßen, etwa die Hälfte von ihnen kommt aus osteuropäischen Ländern. Die Zahl der Wohnungslosen, also Menschen, die bei Freunden oder Bekannten auf der Couch schlafen oder in Einrichtungen wie Frauenhäusern wohnen, ist wesentlich höher: Der Senat zählt etwa 50 000 Menschen dazu.
Weil in den vergangenen Jahren immer wieder bereits im Oktober oder noch im April die Temperaturen nachts nahe dem Gefrierpunkt lagen, hat der Senat die kommende Kältesaison ausgeweitet. Bereits am Montag öffneten die ersten Winter-Notübernachtungen für Obdachlose - einen Monat früher als üblich. Sieben Einrichtungen bieten zunächst 139 Notübernachtungsplätze. Die Zahl soll in den kommenden Wochen weiter erhöht werden.