Es ist eine faustdicke Überraschung. Justizminister Stefan Ludwig (LINKE) wurde am Samstag von seiner Partei nicht erneut als Direktkandidat im Landtagswahlkreis 27 aufgestellt. Nominiert wurde an seiner Stelle Astrid Böger, eine Autorin von Sachbüchern und Romanen. Sie ist politisch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt und lediglich in Bad Saarow als Gemeindevertreterin bekannt.
Ob sie aber tatsächlich am 1. September 2019 auf dem Wahlzettel stehen wird, ist noch offen. Denn am Samstagmorgen wurden bei einer Versammlung im Kinder- und Erholungszentrum »Hölzerner See« von Heidesee 24 Stimmen für Astrid Böger abgegeben und 23 Stimmen für Stefan Ludwig. Es gab aber eine Enthaltung, und im ersten Wahlgang hätte Böger eigentlich die Mehrheit aller Stimmen gebraucht. Erst im zweiten Wahlgang hätte ihr Ergebnis ausgereicht. Einen zweiten Wahlgang hat es allerdings nicht gegeben. Die Nominierung müsse nun möglicherweise wiederholt werden, heißt es.
Da vor der Abstimmung keinerlei Kritik an Ludwig geäußert wurde, fällt eine schlüssige Erklärung für seine Abstimmungsniederlage nicht so leicht. Michael Wippold, Kreisparteichef in Dahme-Spreewald, kann deshalb auch nur Vermutungen über die Beweggründe seiner Genossen anstellen. Definitiv habe es aber nichts mit dem umstrittenen Polizeigesetz zu tun, versichert er.
Auch der Verweis auf einige Reibereien, die es in den vergangenen Jahren immer mal wieder im Kreisverband Dahme-Spreewald gegeben hatte, hilft im Hinblick auf den aktuellen Fall überhaupt nicht weiter. Denn die Genossen aus Ludwigs Heimatstadt Königs Wusterhausen reagierten mit langen Gesichtern auf das Wahlergebnis, wohingegen bei den Genossen aus dem Landkreis Oder-Spree Jubel ausbrach. So lässt sich vielleicht zusammenreimen, was geschehen ist.
Denn zum Wahlkreis 27 gehört aus Dahme-Spreewald nur die Gegend rund um Königs Wusterhausen. Der größere Teil mit Storkow und Bad Saarow liegt im Nachbarkreis Oder-Spree. Jeder im Wahlkreis wohnende Genosse darf bei der Nominierung mitentscheiden. Astrid Bögers Anhänger sind offenbar besser mobilisiert worden als die von Ludwig. »Das ist Demokratie«, stellt Wippold nüchtern fest. Dabei gibt er zu, dass sich die Autorin aus Bad Saarow gut präsentiert habe.
Bei der Landtagswahl 2014 hatte der inzwischen verstorbene SPD-Politiker Klaus Ness den Wahlkreis gewonnen. Stefan Ludwig war damals und auch bei früheren Landtagswahlen über die Landesliste seiner Partei ins Parlament eingezogen - und dies ist auch jetzt wieder möglich.