Die Bundesbank glaubt zu wissen, warum das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach längerer Boomphase zuletzt wieder geschrumpft ist: Die Autoindustrie hat die Umstellung auf den neuen Abgasprüfstandard WLTP vergeigt. Das ist natürlich stark übertrieben, aber aus monetaristischer Sicht ist der Einbruch eben unerklärbar: Der Staat ist defizitfrei, die Wirtschaft auf Export getrimmt, die Inflation niedrig - wie kann das BIP da den Rückwärtsgang einlegen?
Genau in dem, was die Bundesbank predigt, liegen die tieferen Ursachen. Der Staat zieht sich aus seiner Verantwortung für Konjunktur und Beschäftigung zurück, macht sich abhängig von Auslandsnachfrage. Ein einziger Donald Trump kann da schon die Aussichten verhageln. Die Weigerung des Staates, die Binnennachfrage zu stärken, sorgt eben nicht nur für berechtigten Ärger aus dem Ausland, sondern auch für ein maues BIP.
Was die Bundesbank ebenfalls nicht versteht, ist die Bedeutung der WLTP-Sache. Emissionsärmere Autos sind kein Wachstumshemmnis, sondern eine Herausforderung. Wirtschaftswachstum muss künftig klimaverträglich sein, denn anders sind die eigenen Klimaziele nicht zu erreichen. Es wird die wirtschaftspolitische Gretchenfrage sein, wie BIP-Wachstum, soziale Gerechtigkeit und Dekarbonisierung unter einen Hut zu bringen sind. Und so sind die Auswirkungen des WLTP-Debakels statistisch kein Drama, aber ein Menetekel.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1105702.bruttoinlandsprodukt-menetekel-wltp.html