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Prestige für die Einen, prekäre Jobs für die Anderen

In Hamburg knallen die Sektkorken, der Osten wird kaum berücksichtigt: So verstärkt die Exzellenzstrategie die Schere zwischen den Universitäten

  • Guido Sprügel
  • Lesedauer: 3 Min.

Um Punkt 16.01 Uhr am vergangenen Freitag knallten in Hamburg bereits die Sektkorken. Scheinbar war Unipräsident Dieter Lenzen doch schon vorab informiert, denn im Youtube-Livestream waren die Gewinner noch gar nicht genannt worden. An vielen Universitäten in Deutschland sammelten sich geladene Gäste und Mitarbeiter vor den Bildschirmen und verfolgten per Internet, ob sie den begehrten Titel »Exzellenzuniversität« erhalten würden. 19 Finalisten fieberten der Entscheidung eines Gremiums aus Wissenschaft und Politik entgegen. Kurz nach 16 Uhr gab Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) das Ergebnis gemeinsam mit dem Wissenschaftsrat und der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Bonn bekannt. Von nun an dürfen sich zehn ausgewählte Universitäten und der Universitätsverbund Berlin als »Exzellenzuniversität« bezeichnen.

Neben vielen Fördermillionen ist es vor allen Dingen ein Prestigegewinn für die einzelnen Standorte und soll diese attraktiver für sogenannte Spitzenforscher aus aller Welt machen. Ab dem 1. November beginnt die Förderung und läuft für mindestens sieben Jahre. Verlängerung: sehr wahrscheinlich. Die ausgewählten Hochschulen und Verbünde bekommen Fördergelder von jeweils 10 bis 28 Millionen Euro im Jahr. Drei Viertel kommen dabei vom Bund, den Rest trägt das jeweilige Bundesland, in dem die Universität liegt.

»Es geht aber gar nicht in erster Linie um das Geld. Es geht vielmehr auch um den Abstrahleffekt«, so formulierte es Dieter Lenzen auf der Pressekonferenz. Und der ist wohl nicht zu unterschätzen. Seit sich die rot-grüne Bundesregierung Ende der 90er Jahre entschloss, auch in Deutschland den Weg in Richtung Eliteuniversitäten zu beschreiten, hat die sogenannte Exzellenzstrategie zunehmend an Gewicht gewonnen (siehe auch das Interview auf dieser Seite).

»Die diesjährige Bewerbung hat in Hamburg unglaubliche Ressourcen gebunden. Da wurden eigens Professoren aus der Lehre abgezogen, um bei dem Wettbewerb erfolgreich abzuschneiden«, kritisiert Karim Kuropka, Vorsitzender des AStA (Allgemeiner Studierendenausschuss) an der Universität Hamburg im Gespräch mit »nd«. Überhaupt war die Entscheidung überschattet von zum Teil elementarer Kritik. Nur eine einzige ostdeutsche Universität - Dresden - kann sich fortan als Eliteuni bezeichnen. Aber auch die vielen anderen Universitätsstandorte in Deutschland befürchten nun ein Abrutschen in die Bedeutungslosigkeit.

»Die Hochschulen in Deutschland sind insgesamt unterfinanziert. Daran ändern auch einige Leuchttürme nichts. Und Fakt ist auch, dass viele Lehrende unter prekären Arbeitsbedingungen leiden«, erläutert Kuropka. Die Fraktion DIE LINKE hat durch eine Große Anfrage in Hamburg herausgefunden, dass rund 20 Prozent der Lehre durch »prekär beschäftigte Lehrbeauftragte sichergestellt« werden.

Exzellentes Zwei-Klassen-System
Eine halbe Milliarde Euro für elf Unis: GEW-Vorstandsmitglied Andreas Keller kritisiert die Exzellenzstrategie

Von dieser Kritik will der Erste Bürgermeister der Hansestadt, Peter Tschentscher (SPD), an diesem Jubeltag nichts wissen. »Der sogenannte Mittelbau an den Universitäten ist sicherlich noch nicht im Lot. Aber Wissenschaft braucht auch Fluktuation und nicht jede Stelle kann eine Lebenszeitstelle sein«, so Tschentscher auf Nachfrage des »nd«. Die Exzellenzunis können sich nun zurücklehnen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie ihren Titel in sieben Jahren wieder verlieren. Vielleicht entstehen sogar neue feste Stellen. An allen anderen Universitäten dürfte die Katerstimmung hingegen jährlich zunehmen. Sie haben keine Chance mehr, exzellent zu werden.

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