Zum 48. Mal startet am 16. Mai der GutsMuths-Rennsteiglauf. Was einst auf dem Kammweg des Thüringer Waldes als 100-Kilometer-Abenteuer von vier Studenten begann, hatte schon zu DDR-Zeiten beim Freizeitlaufvolk Kultstatus erlangt. Längst wurde daraus der größte, schönste und härteste Cross Europas. Das betrifft vor allem seinen Kern mit Supermarathon 73,9 km, Marathon 42,2 km und Halbmarathon 21,2 km. Hinzu gekommen sind inzwischen vier Nordic-Walking- und Wanderstrecken, ein Jedermann-Mini-Marathon auch für Menschen mit Behinderungen sowie eine Juniorlaufserie.
Jürgen Lange, Präsident des GutsMuths-Rennsteiglaufvereins, kann mit dem Vorbereitungsstand zufrieden sein. Aktuell gibt es mit rund 14 000 Meldungen ein deutliches Plus im Vergleich zu Ende Februar 2019. Vor allem bei der Halbmarathonstrecke bedeutet das, sich mit der Anmeldung wegen des großen Andrangs zu beeilen (siehe Spalte rechts »Info & Anmeldungen«).
Für die Zugkraft des Rennsteiglaufes spricht auch, dass zum Beispiel sein Marathonwettbewerb beim Voting des Laufportals Marathon4you.de zum sechsten (!) Mal in Folge zum »Marathon des Jahres« gewählt wurde. Und dies vor all den großen profitorientierten Stadtläufen von Berlin, Frankfurt oder Hamburg.
Was den Rennsteiglauf groß gemacht hat, ist seine von Anfang an basisorientierte Bodenständigkeit. Diese war auch ein maßgeblicher Grund dafür, dass er 1990/91 als einzige DDR-Sportgroßveranstaltung nicht nur überlebte, sondern nach einer Einbruchsphase bald zu wachsen begann. Die Thüringer Enthusiasten hatten zu DDR-Zeiten weder zentrale Sportsubventionen noch Liebe von Seiten der Sportpolitikspitze erhalten. Sie lebten von Eigensinn, Eigeninitiative und Kooperationen: mit VEBs, LPGs und Vereinen, mit Universität und Schulen, mit örtlichen und bezirklichen Verwaltungsstellen, mit Polizei und Feuerwehr. Das war einigermaßen alternativ für DDR-Verhältnisse und wurde von den Läuferinnen und Läufern als sympathisch wahrgenommen. Daran hat sich bis heute wenig geändert.
Jürgen Lange bezeichnet unter den ideellen Partnerschaften die mit »neues deutschland« als »extrem wichtig«. Die Zeitung tritt schon zum 18. Mal auch mit einem eigenen Laufteam an. Es besteht aus Leser*innen und nd-Mitarbeiter*innen, im vergangenen Jahr waren es insgesamt rund 70. Als Ehrenkapitänin fungiert diesmal Karin Enke. Sie hatte bei Olympischen Winterspielen zwischen 1980 und 1988 im Eisschnelllauf drei Gold-, vier Silber- und eine Bronzemedaille gewonnen. Damit ist sie erfolgreichste Winterolympionikin der DDR überhaupt.
»Dieses nd-Team ist eine ganz tolle Initiative«, sagt Lange. »Und dass die prominentesten DDR-Sportlerinnen und -sportler da als Ehrenkapitäninnen und -kapitäne fungieren, ist geradezu sensationell.« Deshalb freue er sich diesmal sehr auf Karin Enke, den absoluten Eisschnelllauf-Weltstar der 80er Jahre. »Mir imponiert auch, wie sie nach der so schwierigen ›Wende‹ ebenso die private Wende vom Höchstleistungssport zur Normalität geschafft hat. Mit 43 Jahren Hochschulstudium begonnen, erfolgreich abgeschlossen und im neuen Beruf durchgestartet - größte Hochachtung!«
Karin Enke (erfolgreich zeitweise auch unter dem Namen Karin Kania) kommt, wie sie sagt, »vor allem mit sehr viel Neugier« zum Rennsteiglauf. Für sie sei Breitensport nach ihrer Sportkarriere wie eine andere Welt gewesen. »Ich war sehr überrascht, mit welcher Ambitioniertheit, auf welchem Niveau das so abläuft. Und nun erst noch der Rennsteiglauf, der ja geradezu legendär ist.« »Sehr erfreulich«, betont sie, »dass er die Wendezeit überlebt hat und dass kein ›Event‹ aus ihm geworden ist.« In diesem Sinne verstehe sie sich auch in ihrer Rolle als diesjährige Ehrenkapitänin des nd-Rennsteiglaufteams.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1133511.rennsteiglauf-auf-zum-haertesten-cross-europas.html