Berlin. Vor der Entscheidung der Länder über einen Plan zur schrittweisen Wiedereröffnung der Schulen fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Vorrang für benachteiligte Schüler beim Präsenzunterricht. Da ohnehin nicht alle Schüler zeitnah wieder zur Schule gehen könnten, »sollte der Aspekt der Bildungsgerechtigkeit in den Mittelpunkt gestellt werden«, sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Schüler ohne Computer und Rückzugsräume »sollten Präsenzangebote erhalten - und zwar unabhängig von der Frage, welche Klassenstufe sie besuchen«.
Hannack verlangte zudem mehr finanzielle Unterstützung für bedürftige Familien. »Wenn die Bundesregierung jetzt Kindern aus ärmeren Familien einen Zuschuss von 150 Euro für digitale Endgeräte geben will, ist das ein guter Schritt, reicht aber längst nicht aus«, sagte sie AFP. »Die Länder müssen diese Summe aufstocken.«
Die Kultusminister hatten am Montag über die Öffnung der Schulen nach der Schließung wegen der Coronakrise beraten. Niedersachsens Ressortchef Grant Hendrik Tonne (SPD) kündigte anschließend »ein abgestimmtes Rahmenkonzept« für die Beratungen der Länderchefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag an.
Hannack sagte AFP, normalen Unterricht werde es »in der kommenden Zeit nicht geben können«. Die meisten Schulen hätten gar nicht »die räumlichen Bedingungen, um einen Normalbetrieb mit allen Schülern zu sichern«. Es werde daher »keine alte oder neue Normalität herrschen«, sondern »der pädagogische Ausnahmezustand«.
»Wenn Schülerinnen und Schüler an Einzeltischen Abstand halten sollen, im Gänsemarsch und mit Abstand zum Händewaschen gehen, wenn in Schulfluren Einbahnstraßenregelungen getroffen werden, damit sich die Kinder und Jugendlichen nicht begegnen, dann fährt moderne Pädagogik notgedrungen an die Wand«, warnte Hannack. AFP/nd