nd-aktuell.de / 09.06.2020 / Berlin / Seite 9

Der Polizei ist zu misstrauen

Claudia Krieg kann Kritik an Polizeikontrolle nicht verstehen

Claudia Krieg

Der Zeitpunkt hätte nicht besser passen können. Einen Tag, nachdem es in Berlin zu brutalen Festnahmen nach dem Einsatz von Pfefferspray durch Polizeibeamte kam - gegen Demonstrant*innen, die zu einer großen Kundgebung gegen genau solche Polizeigewalt zusammengekommen waren -, diskutieren Innenpolitiker*innen das Gesetz für einen Polizei- und Bürgerbeauftragten. Im Angesicht einer weltweiten Protestwelle gegen alltägliche Gewalt, die von Polizisten als Tätern ausgeübt wird. Und doch ohne Folgen bleibt - außer für die Betroffenen und Angehörigen in Form von Traumatisierung oder körperlichen Verletzungen bis zum Tod. Denn die Täter in Uniform bleiben in der Regel straffrei, wenn es überhaupt zu ernsthaften Ermittlungen gegen sie kommt.

Es gibt viele gute Gründe, der Polizei mit ihren Machtdemonstrationen in Form von Racial Profiling, massiven Drohungen und dem Einsatz von Gewalt zu misstrauen. Es gibt viele gute Gründe, eine Stelle einzurichten, an die sich Menschen wenden können, um diese wiederkehrende Form der Herrschaftsausübung infrage zu stellen und sich dagegen zur Wehr zu setzen - wenn sie noch daran glauben, dass dies möglich sei. Denn viele Opfer von Behördenwillkür im Zusammenhang mit rechtem Terror, Racial Profiling oder einfach nur institutioneller Diskriminierung durch Rassismus haben diese Hoffnung längst aufgegeben.

Man glaubt die konservative bis rassistische Opposition von FDP, CDU und AfD ebenso wie rechtsautoritäre Hardliner wie den Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, jenseits von Raum und Zeit, wenn sie sich hinstellen und behaupten, es gebe für eine Kontrollinstanz keinen Bedarf.

Doch, die gibt es. Was es nicht gibt, ist eine Fehlerkultur bei der Polizei. Das ist kein linker Pauschalvorwurf, sondern das Wissen von Polizisten wie Rafael Behr und Experten wie Daniel Loick, die mit ihrer Polizeikritik fordern, das endlich anzuerkennen.