Konsumkredite an Verbraucher galten für Banken lange als besonders lukrativ. Schließlich liegt der Zinssatz nach Angaben der Deutschen Bundesbank im Schnitt um etwa 2 Prozentpunkte höher als etwa bei Darlehen an Firmen. Und der Zins ist auch deutlich höher als bei privaten Hausfinanzierungen. Doch infolge der Corona-Krise erwarten die Geldhäuser deutlich mehr Ausfälle bei Konsumkrediten (Ratenkredite).
Der Informationsdienstleister CRIF Bürgel in München geht von mindestens 100 000 zusätzlichen zahlungsunfähigen Verbrauchern allein in diesem Jahr aus, eine Zunahme von elf Prozent gegenüber 2019. Den Experten zufolge gelten bereits 6,8 Millionen Bürger als überschuldet, also als gefährdet. »Für viele dieser Personen sorgt ein Schock auf der Einkommensseite für ein erhöhtes Risiko einer Privatinsolvenz«, wird der CRIF-Geschäftsführer Christian Bock zitiert.
Das dürfte nicht ohne Folgen für den Finanzplatz bleiben. Die Banken in Deutschland haben in den vergangenen Jahren immer mehr Ratenkredite vergeben. Ende 2019 betrug das Volumen rund 180 Milliarden Euro. Noch größer ist der heikle Markt, wenn man beispielsweise auch Dispokredite berücksichtigt. Die höchsten Ausfallrisiken sehen Experten bei Ratenkrediten mit langen Laufzeiten sowie bei Autokrediten für Gebrauchtwagen. Als besonders gefährdet gelten auch Überziehungskredite von Girokonten.
Erst 1999 war die klassische Konkursordnung durch ein neues Insolvenzrecht abgelöst worden. Sprachlich ist dies eher belanglos. Schließlich bedeuten beide Ausdrücke »Zahlungsunfähigkeit«. Doch mit der neuen Bezeichnung führte die damalige rot-grüne Bundesregierung eine in der Sache neuartige Verbraucherinsolvenz ein. Diese folgte dem angelsächsischen Vorbild: Statt lebenslanger Pleite sollten Menschen die Chance auf einen wirtschaftlichen Neustart erhalten. Die Reform sollte Überschuldeten daher zu einer vollständigen Entschuldung verhelfen. Gleichzeitig sollte Gläubigern geholfen werden, indem sie zumindest einen Teil ihrer Forderungen früher zurückerhalten. 2014 folgte eine weitere Vereinfachung des Verfahrens. In der Praxis geriet die Verbraucherinsolvenz zu einem Erfolgsschlager: So wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes seit 1999 rund 1,5 Million Verfahren eingeleitet.
Ursprünglich durften sich zahlungsunfähige private Schuldner sieben Jahre lang gedulden. Während dieser »Wohlverhaltensphase« müssen Überschuldete den pfändbaren Teil ihres Einkommens an einen Treuhänder abtreten. Betroffene können beim zuständigen Insolvenzgericht einen Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens stellen, verbunden mit dem Antrag auf Erteilung der sogenannten Restschuldbefreiung.
»Vorab müssen Betroffene versuchen, sich mit den Gläubigern über die Schuldenrückführung außergerichtlich zu einigen«, raten die Verbraucherzentralen. An diesem Einigungsversuch muss eine geeignete Insolvenzberatungsstelle oder eine fachlich geeignete Person, zumeist ein Rechtsanwalt, mitwirken. Gelingt eine solche Einigung nicht, werden die Schulden in einem Insolvenzverfahren förmlich festgestellt. Eventuell noch vorhandene pfändbare Vermögenswerte werden verwertet und der Erlös an die Gläubiger verteilt.
Danach schließt sich die sogenannte Wohlverhaltensphase an, die heute zusammen mit dem Insolvenzverfahren lediglich sechs Jahre dauert. Nach Ablauf des Verfahrens werden die restlichen Schulden erlassen.
Die Politik hat bereits auf Corona-Schulden reagiert. Bundestag und Bundesrat haben ein Gesetz beschlossen, wonach Bankkunden seit Anfang April Zins- und Tilgungsleistungen aus Verbraucherkrediten bis zum 30. Juli aussetzen können. Womöglich wird der Zeitraum um drei Monate verlängert. Davon Gebrauch machten bereits Tausende Kunden, meldete das »Handelsblatt«.
Nicht eindeutig geklärt ist aber, ob die Stundung zinsfrei bleibt. Verbraucherschützer haben sich in dieser Frage eingeschaltet und sprechen sich klar gegen die Zinsen aus. »Es darf nicht sein, dass sich Banken während der Krise an Verbrauchern bereichern«, wetterte Klaus Müller, Chef des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Gerichte werden sich wohl noch jahrelang mit dieser Frage beschäftigen müssen.
Doch ein Referentenentwurf geht über die bisherige Insolvenzpraxis weit hinaus. Künftig soll ein Neustart bereits nach drei, statt wie aktuell nach sechs Jahren möglich sein. Um Mitnahmeeffekte zu verhindern, plant die Bundesregierung eine Übergangsfrist bis zum Jahr 2022. Bis dahin soll die Restschuldbefreiungsfrist jeden Monat um einen Monat verkürzt werden. Die Frist beginnt mit Anträgen, die ab dem 17. Dezember 2019 gestellt wurden.
15 Fragen und Antworten zum Thema »Privatinsolvenz« sowie Tipps für überschuldete Verbraucher finden Sie auf der Internetseite der Verbraucherzentralen (www.verbraucherzentrale.de[1]). Die Verbraucherzentralen in den 16 Bundesländern bieten weitere Informationen an. In einigen Bundesländern wird wieder persönlich beraten. Ansonsten wird per Telefon und Mail geholfen. Alle notwendigen Infos zur Beratungspraxis finden Sie ebenfalls auf der Internetseite der Verbraucherzentralen.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1140295.verkuerzung-der-frist-um-schuldenfrei-zu-sein.html