Berlin. Die Angst vor einer Explosion der Infektionszahlen ist in Politik und Gesellschaft groß. In dieser Phase der Coronakrise wäre es ratsam, klare Entscheidungen zu treffen. Doch am Mittwoch wurden die Beschlüsse der Bund-Länder-Runde vom Tag zuvor teilweise wieder rückgängig gemacht. Aus der zunächst geplanten fünftägigen Osterruhe, die am Gründonnerstag beginnen sollte, wird nichts. Bundeskanzlerin Angela Merkel trat am Mittwoch bei einem kurzfristig anberaumten Termin in Berlin vor die Kameras und erklärte, dass der Beschluss zurückgenommen werde. »Aufwand und Nutzen der sogenannten Osterruhe hätten in keinem vernünftigen Verhältnis gestanden«, sagte die CDU-Politikerin. Sie verwies auf Fragen zur Lohnfortzahlung und die Situation in Geschäften und Betrieben. Qua Amt trage sie als Bundeskanzlerin die letzte Verantwortung.
Für den falschen Beschluss bat Merkel alle Bürgerinnen und Bürger um Verzeihung. Dieser habe zu zusätzlicher Verunsicherung geführt. Auch die Ministerpräsidenten der Länder, die alle an dem Beschluss beteiligt waren, äußerten sich selbstkritisch. Persönliche Konsequenzen will aber keiner von ihnen ziehen. Dabei wird die Luft insbesondere für die Union einige Monate vor der Bundestagswahl immer dünner. In einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage von Forsa lag sie bundesweit nur noch bei 26 Prozent. Maßgeblich dazu beigetragen haben dürften die Affären um Korruption und Maskenkäufe, in die konservative Politiker verwickelt waren. Hinzu kommen das langsame Tempo beim Impfen und die nicht gerade erfolgreiche Teststrategie der Koalition.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, sah sogar die Gefahr einer Staatskrise, die man jetzt abwenden müsse. »Diese Form der intransparenten Spitzenrunden von Kanzlerin und Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder muss beendet werden. Es muss sofort ein Weg gefunden werden, Bundestag und Länderparlamente aktiv in die Entscheidungen einzubeziehen«, forderte Korte. Die wissenschaftliche Beratung, die Abwägungen und die Entscheidungsprozesse müssten für alle öffentlich und nachvollziehbar werden.
Diese Forderung erhob auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt. Sie bezeichnete das Corona-Krisenmanagement der Regierung als »gescheitert«. »Aus der Rücknahme der Pläne für Gründonnerstag und Karsamstag darf nicht das falsche Signal der Öffnung ausgehen«, mahnte die Grünen-Politikerin. nd
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Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1150000.osterunruhe-im-kanzleramt.html