nd-aktuell.de / 01.09.2007 / Reise

Heute setzt man in Neptun auf Dollar und Euro

Die alte Sommerfrische der Ceausescu-Nomenklatura erfindet sich neu - als mondänes Luxus-Resort

Tobias Müller
Die Hotels älteren Datums in Neptun, der ehemaligen Sommerfrische der Ceausescu-Nomenklatura, dämmern in schläfriger Umarmung mit dem Zahn der Zeit dahin, ein weitläufiges Basargelände ist gähnend leer, und die Fahrgeschäfte der großen Urlaubskirmes kommen als bunte Fassade daher. Manele-Gesang klingt von den verwaisten Fressbuden herüber.
»So wird das nichts«, hört man den Tourismus-Marketingexperten sagen. Und siehe da - wenige hundert Meter weiter hat sich die Musik im international gängigen Bereich eingependelt, stilvolle Sitzmöbel zieren die schattigen Balkone, Boutiquen bemühen sich um kosmopolitisches Flair, und mittendrin liegt die terrassierte Anlage der »Café-Bar Efendi«, wo elegant gekleidete Urlauber sich dem Mittagstee hingeben.
Die alte Betonsymmetrie im Park nebenan fällt kaum noch ins Auge, und in bereitwilliger Selbstironie wird die jüngere politische Vergangenheit zum kommerziellen Faktor: »Hello? Want to Party tonight?«, fragt das Plakat über einem Einkaufszentrum, und zieht umgehend die Trumpfkarte: »Kremlin Club, this summer's sensation!« Was schon außer roten Sternen, Hammer und Sichel könnte den Eingang zu einer von Neptuns größten Discos zieren?
Mugadiz Arbeitsalltag dagegen besteht aus anderen Symbolen. Dollar, Pfund, Euro, Franken, Kronen - die Kürzel der internationalen Währungen weisen auf die winzige Wechselstube hin, in der die 20-Jährige aus dem nahen Cobadin den Sommer verbringt. Mugadiz ist zuversichtlich, dass ihre Zielgruppe noch kommt, auch wenn zu Beginn der Hochsaison nur Rumänisch gesprochen wird in Neptun. Immerhin versucht sich gerade das Vorzeigehotel schräg gegenüber, schlicht nach dem Ort benannt, als internationaler Messeort in Szene zu setzen.
Ein schmaler, bewaldeter Streifen entlang eines Süßwassersees bildet das Nadelöhr zwischen Ort und Strand. Der kurze Spaziergang gleicht im Hochsommer einer volkstümlichen Prozession mit Strandlaken und Gummitieren als Devotionalien. Am Ende des Weges liegt ein guter Kilometer Strand, der nach allen Regeln der Kunst auf mondän getrimmt ist. Hier ist es, wo sich die ehemalige Funktionärs-Sommerfrische neu erfunden hat: Die zahlreichen Bars, die in den letzten Jahren entstanden sind, lassen die alten Hotelanlagen aus der »Vorzeit« weit weg erscheinen. Ein zweigeschossiger, blauweiß glitzernder Cocktailtempel, der aussieht wie der Showroom eines Autohauses, klimatisierte Boutiquen bieten Strandmode feil, durch die Luft kreuzen die bunten Riesenwasserrutschen mehrerer Aquaparks. Für das sichere Gefühl beim Flanieren sorgen regelmäßige Polizeipatrouillen, und die, die gerade nicht auf Streife sind, sitzen vor einer langen Reihe aus rumänischen und EU-Fahnen. Nur die Toilettenfrauen sind Roma. Die 22-jährige Cristina arbeitet den zweiten Sommer hier, presst Orangensaft aus, das Glas zu drei Euro. Sie ist zufrieden, und das Ambiente gefällt ihr. »Ich komme gerne nach Neptun, ich finde es schön hier.«
Wie die meisten der jungen Saisonkräfte kennt auch Cristina nur die heutige Variante von Neptun. Von der Geschichte des Ortes, von seiner Funktion als Sommerresidenz der Politprominenz weiß sie nichts. Auf die Frage, wem das grauweiße Gebäude mit dem Wachturm auf dem abgetrennten Strandabschnitt dort hinten gehört hat, zuckt sie die Schultern.
Worauf Neptun trotz proppenvoller Strände keinen Wert legt, ist ein Image als Ost-Ballermann, mit dem einige bulgarische Resorts weiter südlich sich auf dem Markt platziert haben. Bademeister Cornel hat die Entwicklung verfolgt: »Neptun war schon immer ein reicher Ort. Natürlich kommen auch junge Leute, aber sie müssen sich das erst mal leisten können.« Inzwischen treiben Investoren aus ganz Rumänien die touristische Entwicklung voran. Die Preise sind bereits in den Jahren vor dem EU- Beitritt stark angestiegen. Damit richtet man sich zusehends auf internationale Zielgruppen wie Skandinavier, Deutsche und die Neureichen aus Belorussland und Russland ein.
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