nd-aktuell.de / 23.08.2021 / Kultur / Seite 12

Himmelweit über dem Alltäglichen

Minnie Riperton: »Lovin’ you«

Frank Jöricke
Man kann Quentin Tarantino gar nicht genug für seinen »Jackie Brown«-Soundtrack danken. Dieser offenbarte Rock- und Pop-Hörern, die bei Soul nur an die üblichen Verdächtigen denken (»Respect« von Aretha Franklin, »What’s going on« von Marvin Gaye), welch riesiger musikalischer Kosmos sich hinter den zu Tode genudelten Evergreens auftut. Durch den Film erlebte eine neue Generation von Hörern, wie vielschichtig und abwechslungsreich das Souluniversum sein kann. The Delfonics, Bobbie Womack und The Brothers Johnson – sie alle verdankten »Jackie Brown« ihre Wiederentdeckung.

Zu den musikalischen Perlen, die Tarantino aufgespürt hatte, gehörte auch Minnie Riperton. Mit ihrer Stimme konnte sie sich nicht nur in unfassbare Höhen erheben (sie erreichte das sogenannte Pfeifregister, das höchste menschliche Gesangsregister), sondern auch Vogelstimmen imitieren. So klang ihre Version von Soul dann auch: erhebend, luftig, himmelweit über dem Alltäglichen schwebend. Es war Musik, die im positiven Sinne beseelt war.

Und eine positive Lebenseinstellung hatte sie verdammt nötig. Ihr Mann war weiß, und Paare, bei denen eine Person weiß und die andere schwarz war, hatten es im Amerika der 70er nicht leicht. Erst recht brauchte sie positive Vibes, als bei ihr Krebs festgestellt wurde. Ihr Wunsch aus »Lovin’ you« – »Bleib bei mir, dieweil wir alt werden« – erfüllte sich nicht. Minnie Riperton starb 1979, mit gerade einmal 32 Jahren.