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Korrekturen eines Sündenfalls
Berliner Mobilitätsverwaltung stellt Zeitplan für den Ausbau des Straßenbahnnetzes vor
Berlin tut sich nach wie vor schwer mit dem Ausbau des Straßenbahnnetzes. Zwar mangelt es nicht an Plänen. Von den anvisierten neuen Strecken ist aber lediglich eine im Bau, die Verlängerung vom Hauptbahnhof zur Turmstraße in Moabit. Nach aktueller Planung soll die gut zwei Kilometer lange Strecke irgendwann im ersten Halbjahr 2023 in Betrieb gehen. Das könnte es in der laufenden Legislaturperiode aber auch schon gewesen sein mit der schönen, neuen Tram-Welt.
Die Mobilitätsverwaltung unter Bettina Jarasch (Grüne) hat sich mit Blick auf die Ausbaupläne mehr Realismus auferlegt. So sollen innerhalb der nächsten zehn Jahre elf Projekte mit einer Gesamtstreckenlänge von 47 Kilometern fertiggestellt werden, fast alle davon freilich erst zwischen 2028 und 2030, wie aus der am Mittwoch im Mobilitätsausschuss des Abgeordnetenhauses vorgestellte Zeitplanung des Senats noch einmal deutlich wird.
Darunter befinden sich so ehrgeizige Vorhaben wie die rund drei Kilometer lange Verlängerung der Tram-Linie 10 vom U-Bahnhof Warschauer Straße zum Hermannplatz in Neukölln und die sogenannte Verkehrslösung Mahlsdorf mit einer dann zweigleisigen Trasse über die Hönower Straße und den Hultschiner Damm, die einen Zehn-Minuten-Takt ermöglichen soll. Bislang kommt die Linie 62 hier nur alle 20 Minuten lang.
»Idealtypisch« lägen zwischen der Grundlagenermittlung für eine Neubaustrecke und der Inbetriebnahme eben acht Jahre, sagte Verkehrsstaatssekretärin Meike Niedbal (parteilos, für Grüne) im Mobilitätsausschuss. Doch auch das will nichts heißen, denn: »Manchmal kann es länger dauern, das haben wir leidvoll erlebt.«
Niedbal spielte damit nicht nur auf die jahrelangen Verzögerungen bei der Verkehrslösung Mahlsdorf an, sondern auch und vor allem auf das nicht enden wollende Planfeststellungsverfahren zur Verlegung der Linie 21 zum Ostkreuz. Letzteres wäre übrigens das zweite und auch schon letzte Vorhaben, das Rot-Grün-Rot bis 2026 und damit noch in dieser Legislatur abschließen will.
»Das glaube ich auf gar keinen Fall«, erklärte hierzu Oliver Friederici. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, seit jeher kein Freund der Straßenbahn, nutzte die Gunst der Stunde, um gegen die Tram-Pläne des Senats zu schießen. Ohnehin, gab Friederici zu Protokoll, fühle er sich »erinnert an eine ähnliche Veranstaltung vor fünf Jahren, wo die gleichen Projekte vorgestellt wurden«.
Die Fronten im Mobilitätsausschuss waren schnell geklärt. Auf der einen Seite die Opposition, die, wie Felix Reifschneider, der Verkehrsexperte der FDP-Fraktion, vor allem für den raschen Ausbau des U-Bahnnetzes warben. Auf der anderen Seite die Koalition, wobei insbesondere Die Linke und die Grünen den um ein Vielfaches günstiger und bei allen Verzögerungen immer noch weitaus rascher zu realisierenden Straßenbahn-Plänen den Vorrang gaben.
So erinnerte der Verkehrsexperte der Linksfraktion, Kristian Ronneburg, in dem Zusammenhang auch noch einmal an den »Sündenfall des alten West-Berlin«, das 1967 »ein funktionierendes Straßenbahnnetz« zugunsten der autogerechten Stadt endgültig stillgelegt habe. Es sei »eine Mammutaufgabe«, die »Vernichtung von schienengebundener Infrastruktur« zu korrigieren. Ronneburg sprach von einem »weiterhin ambitionierten Programm«.
Was die in dieser Hinsicht mehr als dürftigen Ergebnisse unter Jaraschs Amtsvorgängerin Regine Günther (Grüne) betrifft, gab sich Ronneburg zuversichtlich, dass »wir als Koalition aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben«. Es gehe nun darum, Tram-Projekte zu priorisieren und zu beschleunigen.
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