Rund eineinhalb Jahre vor der Landtagswahl in Brandenburg ist die Co-Landesvorsitzende der Brandenburger Grünen, Julia Schmidt, auf Drängen des Parteivorstands zurückgetreten. Die Partei wirft der 29-Jährigen »wiederholte Fälle untragbaren Fehlverhaltens« vor, wie es in einer knappen Mitteilung am Wochenende hieß. Der Vorstand habe ihr das Vertrauen entzogen und sie einstimmig zum Rücktritt aufgefordert.
Der verbliebene Grünen-Vorstand schweigt zu den genauen Gründen. Aber soviel deutet sich an: Es soll um Absprachen, um interne Informationen und um den Kontakt zu Koalitionspartnern gegangen sein. Die Grünen-Landeschefin Alexandra Pichl, die mit Schmidt eine Doppelspitze bildete, sagte: »Wir haben in den letzten Wochen und Monaten immer mehr den Eindruck gehabt, dass Julia vor allem in eigener Sache unterwegs ist und nicht in Sachen des Landesverbands. Sie hat sich auch nicht an ihr Wort gehalten und hat nachhaltig Vertrauen zerstört.«
Schmidt äußerte sich nicht zu diesen Vorwürfen. Vielmehr sprach sie am Samstag von einer persönlichen Entscheidung. Sie habe sich selbst dazu entschlossen, als Spitzenkandidatin nicht mehr zur Verfügung zu stehen. »Ich möchte vielmehr zunächst mein Studium abschließen, was zuletzt neben der politischen Tätigkeit immer schwieriger gelungen ist.« Die 29-Jährige stand seit 2019 an der Spitze der Landespartei, sie war zusammen mit Pichl ins Führungsduo gewählt worden.
Der Rücktritt kommt für die Grünen in einer denkbar ungünstigen Phase, da im kommenden Jahr die Landtagswahl ansteht. Über die Neubesetzung der Führungsspitze der Partei sollen die Delegierten im April entscheiden. Wer immer der bisherigen Landeschefin nachfolgen wird: Die Grünen werden in Teilen eine andere Partei sein. Julia Schmidt war der kommunikative Part nach außen und konnte nach Darstellung der CDU in Gesprächsrunden des rot-schwarz-grünen Bündnisses zwar eine harte Verhandlungspartnerin sein, aber zugleich offen und ideenreich für Lösungen eintreten. Dass Jüngere aus beiden Parteien einen guten Gesprächsdraht pflegten, galt als offenes Geheimnis, führte aber auch zu Spannungen bei den Grünen.
Schmidt hatte zuletzt immer wieder Kritik an Koalitionspartnern geübt. Sie warb wiederholt für einen schnelleren Braunkohleausstieg in der Lausitz[1] und sagte, der Ausbau der erneuerbaren Energien dürfe von SPD und CDU nicht verbockt werden. 2021 hatte sie eine bessere Zusammenarbeit in der Koalition gefordert.
Der CDU-Landtagsfraktionsvorsitzende Jan Redmann[2] bedauerte den Rücktritt. »Die Brandenburger Grünen verlieren einen ihrer profiliertesten Köpfe. Sie hat es der CDU nie leicht gemacht.« Er habe sie durchaus kompromissfähig erlebt. Redmann kritisierte die Grünen und schrieb bei Twitter: »Öffentliches Nachtreten, das ist ja nicht die feine englische Art. Wo bleibt da der Respekt?«