Das Verbot der »Tag-X«-Demonstration im Nachgang des Urteils im Antifa-Ost-Verfahren[1] kommt nicht überraschend. Schon mit dem gleichzeitig stattfindenden Stadtfest, dem Herbert-Grönemeyer-Konzert und dem Finale im Sachsenpokal zwischen Lok Leipzig und dem Chemnitzer FC – beides Vereine, die sich einer extrem rechten Fanszene erfreuen – wird in in der Stadt einiges los sein. Und die Polizei entsprechend zu tun haben.
Angesichts der mehrjährigen Haftstrafen[2], die in dem Indizienprozess gegen Lina E. verhängt wurden, überrascht auch nicht, dass die Versammlungsbehörde in ihrer Verbotsverfügung von einem »unfriedlichen Verlauf« ausgeht. Die Wut in der Szene ist groß und im Vorfeld kursierende Ankündigungen, für jedes Jahr Haft Sachschäden in Millionenhöhe zu verursachen, werden ihr Übriges zur Einschätzung beigetragen haben.
Dass der Protest so oder so seinen Ausdruck finden wird, ist dabei allen klar. Das weiß die Stadt genauso wie die Demonstrierenden und erst recht die Polizei, die sich auf einen Großeinsatz vorbereitet. Wobei die angekündigten dezentralen Aktionen für Letztere deutlich schwieriger zu kontrollieren sein dürfte als ein angemeldeter Demonstrationszug durch das Szeneviertel Connewitz.
In einem Gespräch mit dem sächsischen Innenminister und der Linken-Landtagsabgeordneten Juliane Nagel[3] sagte der Leipziger Polizeipräsident René Demmler am Freitag, Deeskalation sei das »Gebot der Stunde«. Anlass für das Gespräch war die Festnahme Nagels bei einer friedlichen Demonstration beim Weltkindertag tags zuvor. Dass die Anmelderin der Veranstaltung Mitglied des Landtags ist, sei dem die Festnahme durchführenden Polizisten ihr zufolge »scheißegal« gewesen. Mit Spannung bleibt zu erwarten, wie Deeskalation in einem Bundesland definiert wird, in dem die AfD aktuellen Umfragen zufolge mit 32 Prozent die stärkste Partei ist.