Eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts ist längst überfällig. Doch der vom Kabinett beschlossene Entwurf ist enttäuschend. Zwar hat niemand erwartet, dass die rot-gelb-grüne Regierung das Abstammungsprinzip abschafft – auch wenn es die einer »Einwanderungsgesellschaft« angemessene Veränderung gewesen wäre. Trotz einiger Verbesserungen bleibt das deutsche Staatsbürgerschaftsrecht rassistisch. Statt die Struktur zu verändern, werden Wartezeiten verkürzt, Mehrstaatigkeit ermöglicht und die Bedingungen für sogenannte Gastarbeiter*innen gelockert. Im Zentrum steht der Willen, »nützliche Arbeitskräfte« [1]mit einer Einbürgerung zu locken.
Statt nach acht Jahren kann eine Person künftig nach fünf oder sogar drei Jahren die Staatsbürgerschaft bekommen. Dass neben Sprach[2]- und Kulturtest auch finanzielle Unabhängigkeit Bedingung ist, diskriminiert insbesondere alte, kranke, behinderte und alleinerziehende Menschen. Hier geborene Kinder bekommen einen deutschen Pass, wenn ein Elternteil seit fünf Jahren mit unbefristetem Aufenthalt hier lebt. Kinder jahrelang geduldeter Flüchtlinge bleiben »Ausländer« und können im schlimmsten Fall irgendwann in ein Land abgeschoben werden, in dem sie niemals waren.
Problematisch ist auch folgende Aussage der Innenministerin: »Wer unsere Werte nicht teilt, kann kein Deutscher[3] werden.« Zum einen vergisst Nancy Faeser (SPD) da, dass es unzählige Deutsche gibt, die das nicht tun. Zum anderen könnte dies Menschen ausschließen, deren Aktivismus durch den Bund kriminalisiert wird, etwa Kurd*innen und Palästinenser*innen. Übrigens: Auch in Deutschland galt früher das Geburtsrecht. Erst die völkischen Auswüchse im 19. Jahrhundert führten zu einer Rechtsänderung mit dem Ergebnis, dass insbesondere deutsche Sinti abgeschoben wurden.