Keiner aus der Linksfraktion im Bundestag will Fraktionsvorsitzender werden. Wieso das denn nicht? Verschafft ein solcher Posten nicht Reputation und Renommee? Und macht er sich nicht gut in der eigenen Vita? Vor allem: Man darf Bestimmer sein, was sich schon alle Kids in der Kita wünschen. Aber vermutlich ist eben dies auch das Problem: In der Partei Die Linke wollen alle bestimmen. Und darum traut sich keiner nach vorn. Doch wie lange will man noch Ausschau halten nach geeigneten Kandidaten? Frei nach Bertolt Brecht rufe ich den Verzagten zu: »Scheue dich nicht, Genosse! Du musst die Führung übernehmen. Es ist eine Waffe. Lass dir nichts einreden.« Keine falsche Bescheidenheit. Keine Angst, vor nichts und niemandem.
Wenn man sich partout nicht einigen kann: Ist eine externe Bewerbung auf den Fraktionsvorsitz möglich? Kann durchaus gut sein, wenn jemand unbekümmert und unbefleckt die Führung übernimmt. Jemand, der noch Lust auf Politik hat statt nur Frust. Die protokollarischen Gepflogenheiten des Hohen Hauses nicht kennt, weder verbandelt noch verwandt ist mit anderen Abgeordneten, geschweige denn mit Lobbyisten. Keine falsche Rücksicht auf nichts und niemanden nimmt. Der oder die nachfragt und nachschaut. »Was du nicht selber weißt, weißt du nicht.« Und den Finger auf jeden Posten legt: »Wie kommt er hierher?« Der oder die nicht matt, müde, genervt ist, sondern neugierig, vorlaut, frech und unverschämt. Lebenslustig und lebensbejahend – obwohl oder gerade weil er und sie das Leben kennen, und zwar das der Menschen draußen im Land und der da unten. Wo bleiben die Köchin und der Busfahrer, wo der Zementarbeiter und die Bäuerin, die sich trauen? Dann muss nur noch die Linkspartei Courage beweisen. ves
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1175974.linkspartei-heraus-wer-sich-traut.html