Ein Schritt in Richtung Mitte: Kultursenator Joe Chialo (CDU) hat erneut bekräftigt, die Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) an die Friedrichstraße zu holen. »Eine Jahrhundertmöglichkeit« sei der Umzug in das Quartier 207, das zurzeit noch das Kaufhaus Galeries Lafayette beheimate, sagte Chialo am Montag im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses. Damit reagierte er auf – auch vom Koalitionspartner geäußerte – Kritik an dem Vorstoß. »Ich kann diese Verwunderung über meinen Vorschlag nicht nachvollziehen«, sagte er.
Chialo bestätigte Zeitungsberichte, laut denen Tishman Speyer der Kultursenatsverwaltung ein Verkaufsangebot von 589 Millionen Euro unterbreitet habe. Darin seien vorbereitende Umbauten bereits enthalten. »Das ist das Erstangebot, noch komplett unverhandelt«, sagte er. Der Neubau am Blücherplatz in Kreuzberg, der bislang als neuer Standort für die ZLB angestrebt worden war, würde dagegen mindestens 640 Millionen Euro kosten. [1]
Chialo sprach erstmals auch über den Zeitplan für den Umzug. Demnach soll bis November das Objekt von Experten der Kulturverwaltung inspiziert und analysiert werden. Bis 2024 sollen dann die vertraglichen Bedingungen mit Tishman Speyer abgeklärt werden. Das umgenutzte Lafayette-Kaufhaus könne dann 2026 bezogen werden. Bei einem Neubau am Blücherplatz wäre das erst 2037 möglich.
Ein Umbau sei auch mit Blick auf die Energieeffizienz die beste Lösung. Vor allem spreche der Ort für den Umzug: Der Standort an der Friedrichstraße sei »an alle Innen- und Außenbezirke und auch über die Landesgrenzen hinaus gut angebunden«, argumentierte Chialo.
Kein Widerspruch sah Chialo zu einem Ausbau der Bezirksbibliotheken. Die SPD-Abgeordnete Melanie Kühnemann-Grunow hatte ihre Skepsis gegenüber dem neuen ZLB-Standort damit begründet, dass das Geld auch in die bezirklichen Bibliotheken gesteckt werden könnte.[2] »Auch starke Bezirksbibliotheken ersetzen keine Zentral- und Landesbibliothek«, sagte Chialo dazu. »Das gegeneinander auszuspielen, funktioniert nicht.«
Bei Vertretern der ZLB kam die erneute Bekräftigung gut an. »Unsere Publikumsbereiche sind zu klein und überlaufen«, sagte Volker Heller, Generaldirektor der ZLB, im Ausschuss. Die technische Infrastruktur an den aktuellen Standorten sei »marode«. »Wir hangeln uns von Haverie zu Haverie«, sagte er. Ein neuer Standort sei daher nötig.
»Wir waren von dem Gebäude ganz entzückt«, sagte ZLB-Betriebsdirektor Jonas Fansa. »Kaufhäuser sind nah an dem, was auch Bibliotheken brauchen.« Das Gebäude habe demnach viel Fläche, sei aber dicht konstruiert. In den Untergeschossen könnte das Magazin untergebracht werden. Für 2,5 Millionen Medien sei dort Platz. Die ZLB führt allerdings 3,5 Millionen Medien – es wäre also weiter ein Außenmagazin notwendig. Trotzdem sei das Gebäude ideal. »Standort für die ZLB zu sein, ist die eigentliche Bestimmung für dieses Gebäude«, so Fansa.
Bei den Abgeordneten gab es dennoch noch Zweifel. SPD-Kulturpolitikerin Kühnemann-Grunow warnte davor, dass die ZLB das Kaufhaus Galeries Lafayette nicht verdrängen dürfe. Der Auszug des Kaufhauses habe aber schon lange festgestanden, sagte Chialo. »Sonst wären wir gar nicht auf die Idee gekommen, da öffentlich Interesse zu zeigen.« Der Grünen-Abgeordnete Daniel Wesener mahnte an, sich frühzeitig Gedanken zur Finanzierung zu machen. In der Investitionsplanung des Landes taucht das Vorhaben bislang nicht auf. »Wenn wir das nicht richtig machen, rutschen wir von der Jahrhundertchance zur Jahrhundertkatastrophe«, so Wesener.