Wenn es sich anbietet, lässt er seinen Dienstwagen stehen und kommt mit Bus und Bahn zu seinen Terminen. Er geht gern zu Fuß. Er ist ausgesprochen nett und warmherzig. Wenn er sich nach dem persönlichen Befinden erkundigt, scheint das keine Floskel zu sein, sondern ehrliches Interesse. Kurzum: Brandenburgs Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU) ist ein guter Mensch, der freundlichste Minister, den das Bundesland in den zurückliegenden Jahrzehnten hatte. Dass er so sympathisch rüberkommt, liegt auch daran, dass er überhaupt nicht wie ein Politiker wirkt.
Nicht umsonst sagt Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD): »Ich habe Guido Beermann stets sehr als verlässlichen, fairen und freundlichen Partner mit großer Fachkenntnis geschätzt.« Beermanns einzige erkennbare Schwäche: Er formuliert seine Sätze bei offiziellen Stellungnahmen ziemlich umständlich. Das brachte mit seinem Amtsantritt Ende 2019 Journalisten zur Verzweiflung, die ein griffiges Zitat von ihm benötigten.
Am Freitagabend meldete der CDU-Landesvorstand, Beermann wolle seine Funktion niederlegen. »Nach rund 30 Jahren in der Verwaltung und Regierung an verschiedenen Positionen strebe ich einen neuen Lebensabschnitt an. Ich möchte mir und vor allem meiner Familie in herausfordernden Zeiten eine private Auszeit gönnen und eine neue berufliche Herausforderung anstreben«, erklärte der 57-Jährige selbst. Er sei »sehr gerne Minister« gewesen. Aber zu einem solchen Beruf gehöre, »dass man selbst entscheiden kann, wenn es Zeit für etwas Anderes geworden ist«.
Dass Beermann ein sympathischer Kollege sei, aber eigentlich kein Politiker, war hinter vorgehaltener Hand schon früher aus der CDU zu hören. Auch dass er nach der Landtagswahl am 22. September 2024 nicht weitermachen würde, deutete sich an. Der Rückzug schon jetzt kommt allerdings überraschend. Es übernimmt Staatssekretär Rainer Genilke. Der ist anders als Beermann kein Seiteneinsteiger in die Landespolitik, sondern von 2009 bis 2019 Landtagsabgeordneter gewesen. Genilke hat im Gegensatz zu Beermann eine Ostbiografie und ist eher der Typ Minister, den eine zunehmend angriffslustige CDU im Wahlkampf gut gebrauchen kann. Beermann konnte zwar durchaus ärgerlich werden, etwa beim letztendlich gescheiterten Dialog mit der Volksinitiative »Verkehrswende jetzt!«[1]. Als Feindbild eines unverbesserlichen Autolobbyisten eignete er sich jedoch nicht. Das passte nicht ins CDU-Schema.
Die Lebensentscheidung von Beermann verdiene Respekt, würdigte CDU-Landeschef Jan Redmann. Der scheidende Minister könne auf eine echte Erfolgsgeschichte zurückblicken[2]. »Noch nie ist so viel Geld für das Straßen- und Radverkehrsnetz[3] zur Verfügung gestellt worden.« Mit dem letzten Fahrplanwechsel sei die größte Fahrplanausweitung in der Geschichte Brandenburgs einhergegangen, sagte Redmann. Nachfolger Genilke meinte, es gelte jetzt, die Erfolgsgeschichte fortzuschreiben. »Mehr Schiene gibt es nicht zum Nulltarif.« Er werde nicht lockerlassen und beim Bund eine Erhöhung der Mittel einfordern, kündigte der 55-Jährige an.
»Rainer Genilke wird als Minister nun zeigen müssen, dass er in der Lage ist, in den letzten Monaten dieser Wahlperiode endlich mal Akzente zu setzen«, reagierte am Sonntag der Landtagsabgeordnete Andreas Büttner (Linke). »Wir sind in der Reaktivierung von Schienenstrecken nicht weitergekommen, der Ausbau der Radinfrastruktur läuft schleppend, günstige Tickets verweigert die Landesregierung.« Dafür trage auch der bisherige Staatssekretär Verantwortung. Die Linke erwarte wenig von Genilke, wünsche ihm aber Erfolg.