Im August des ablaufenden Jahres jährte sich zum fünften Mal die Geburtsstunde der internationalen Jugendbewegung »Fridays for Future« (FFF). Dass das Jubiläum nicht mit größeren Feierlichkeiten oder einer Protestwelle zelebriert wurde, sagt viel aus: Interne Unstimmigkeiten, Äußerungen der Ur-Aktivistin Greta Thunberg etwa zur Atomkraft und der gesellschaftliche Trend nach rechts machen FFF zu schaffen. Wohin die Bewegung steuert, ist unklar, da manche den Gang durch Institutionen angetreten haben, um an den Machtstellen etwas zu bewirken, während andere radikalere Aktionen bevorzugen, um zu zeigen, dass der Schalter Richtung Klimagerechtigkeit sofort umgelegt werden muss. Zudem stellt man sich inhaltlich breiter auf – mit der Gefahr des Verzettelns und Zersplitterns.
Doch zunächst brachte FFF Vieles und viele in Bewegung. Zwar hat man das Klimathema nicht gesetzt, denn Umwelt- und Entwicklungsorganisationen sowie die Wissenschaft arbeiten weit länger dazu. Nicht zu vergessen kleine, radikalere Gruppen. Fridays for Future traf aber den Nerv eines großen Teils einer ganzen Generation. Viele machte es wütend, dass die Regierenden der Welt in Paris 2015 globale Klimaziele beschlossen hatten, die aber dann keiner ernst nahm, obwohl es um die Zukunft der Erde geht. Gegen die eigene Machtlosigkeit half der zivile Ungehorsam, einen Tag pro Woche fürs Klima die Schule oder auch Uni zu bestreiken. Spontan, unorganisiert, nicht hierarchisch, entstand eine sich selbst verstärkende Politisierungswelle – was eben eine soziale Bewegung ausmacht. An manchen globalen Aktionstagen im Jahr 2019 waren Millionen auf der Straße, um die gleiche Botschaft zu transportieren. Zudem spielten junge Frauen, die im politischen Aktivismus sonst unterrepräsentiert sind, eine zentrale Rolle.
Was hat der Protest gebracht? Die fast flächendeckenden lokalen FFF-Proteste hätten das Kommunikationsverhalten von Bundestagsabgeordneten zum Thema Umwelt und auch die Ergebnisse der Bundestagswahl 2021 direkt beeinflusst, heißt es in einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung. »Insbesondere hat Fridays for Future das Thema Klimaschutz sehr hoch auf die politische Agenda gesetzt«, sagt Ko-Autor Lennart Schürmann.
Die bewegungsnahe Grünen-Bundestagsabgeordnete Nyke Slawik fasst es konkret: Dass der Kohleausstieg in diesem Jahr zumindest in Teilen auf 2030 vorgezogen wurde, oder auch das Deutschland-Ticket seien mit auf Fridays for Future zurückzuführen. FFF selbst wertet 2023 die Annahme des umkämpfen EU-Renaturierungsgesetzes als Erfolg.
Es ist schwer zusagen, was ohne die Covid-Pandemie geschehen wäre, aber diese bereitete der Protestwelle ein jähes Ende. Indem die Schüler*innen und Studierenden verantwortungsbewusst die Maßnahmen befolgten, überließen sie die Straße den Corona-Protesten. Insgesamt driftete die öffentliche Stimmung massiv nach Rechts. Während die Klimabewegung Klimaschutz ohne Wenn und Aber fordert, geht es heute bei jeder noch so kleinen Maßnahme nur noch um die Wenns und Abers.
Gleichzeitig ist FFF sichtbar in die Jahre gekommen: Greta Thunberg ist mittlerweile 20, die Schulstreiks sind auch mangels Beteiligung Geschichte, die Spontaneität ist einer Professionalisierung gewichen. Liest man Pressemitteilungen von FFF und selbst der Letzten Generation, klingt dies nach gewöhnlichen Politsprech. Aber was viel wichtiger ist: Greta Thunbergs Ruf nach einem »Systemwechsel« weg von den fossilen Energien ist, wie die Klimakonferenz in Dubai erst wieder gezeigt hat, so aktuell wie ehedem.