Nach dem Angriff auf den SPD-Europaabgeordneten Matthias Ecke in Dresden hat sich ein 17-Jähriger der Polizei gestellt. Der Jugendliche meldete in der Nacht zum Sonntag auf dem Polizeirevier Dresden-Süd und gestand dort, den 41-jährigen Ecke niedergeschlagen zu haben, berichtete das Landeskriminalamt (LKA). Drei weitere Tatverdächtige seien bislang unbekannt. Die Ermittlungen dauern an.
Ecke ist Spitzenkandidat für die Europawahl der sächsischen SPD und wurde am Freitagabend beim Aufhängen von Wahlplakaten von vier jungen Männern zusammengeschlagen. Der Angriff war so heftig, dass der Politiker seitdem im Krankenhaus liegt und operiert werden muss. Kurz vor der Tat hat wohl die selbe Gruppe ganz in der Nähe einen 28-jährigen Wahlkampfhelfer der Grünen angegriffen und ebenfalls verletzt. Die Polizei schätzt die vier jungen Männer auf 17 bis 20 Jahre. Ein Zeuge habe die Gruppe der rechten Szene zugeordnet, sagte ein Polizeisprecher.
In Dresden gab es am Wochenende noch weitere Angriffe auf Wahlkämpfende. In der Neustadt attackierten am Samstagnachmittag zwei 23-jährige Frauen und ein 28-jähriger Mann einen Informationsstand der AfD und beschädigten Aufsteller, Plakate und einen Tisch, wie die Polizei am mitteilte. Der Betreiber des Standes wurde demnach nicht attackiert. Die Polizei stellte die Tatverdächtigen, Ermittlungen laufen wegen Sachbeschädigung. Zudem sollen im Stadtteil Striesen von einer Gruppe von Jugendlichen Wahlplakate der AfD, FDP, CDU und der Linken zerstört worden sein.
Die Vorfälle von Dresden sind nicht die einzigen Angriffe.[1] Erst am Donnerstagabend waren in Essen nach einer Grünen-Veranstaltung der Bundestagsabgeordnete Kai Gehring und sein Parteikollege Rolf Fliß nach eigenen Angaben attackiert worden. Die beiden seien vor einem Restaurant aus einer Gruppe von Menschen angesprochen und um ein Selfie gebeten worden, erzählte der Kommunalpolitiker Fliß dem WDR. Zunächst sei die Atmosphäre nett gewesen. Doch auf einmal kippte die Stimmung: Aus der Gruppe heraus habe jemand »üble, unflätige Beleidigungen unterhalb der Gürtellinie« abgegeben, unter anderen sei »ihr grünen Faschos« gerufen worden. Direkt danach sei ihm ins Gesicht geschlagen worden.
Auch die grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin-Göring-Eckardt war vor einer Woche in Ostbrandenburg nach einer Veranstaltung aggressiv bedrängt und an der Abfahrt gehindert worden. Im niedersächsischen Nordhorn wurde am Samstagmorgen ein Landtagsabgeordneter der AfD nach Polizeiangaben an einem Infostand geschlagen.
Die Ziele der Angriffe haben sich in den letzten Jahren offenbar etwas verlagert. 2019 waren noch Vertreter der AfD am häufigsten das Ziel von Anfeindungen. Mittlerweile sind es die Grünen. Auf deren Vertreter gab es im vergangenen Jahr 1219 aktenkundige Übergriffe, auf Vertreter der AfD 478, gefolgt von der SPD mit 420 Vorfällen. Die Wahlkämpfer der Linken gab es 79 aktenkundige Angriffe. Erfragt hatte die Zahlen die AfD mit einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung.[2]
Die wohl schwerere Verletzung des SPD-Kandidaten Ecke in Dresden löste eine besondere Empörung aus. »Dieser Ausbruch von Gewalt ist eine Warnung«, schrieb Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in einer Erklärung. Er appellierte an alle, die politische Auseinandersetzung friedlich und mit Respekt zu führen, und forderte die Anhänger der liberalen Demokratie auf, gegen Angriffe parteiübergreifend zusammenzustehen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock schrieb auf der Plattform X, dass brutale Angriffe auf engagierte Wahlkämpfer, »Attacken auf das Fundament unserer Demokratie« seien.
Die Innenminister von Bund und Ländern werden wohl schon bald über Schutzmaßnahmen beraten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) regte zu einer Sonderkonferenz in der kommenden Woche[3] an und richtete eine entsprechende Bitte an den derzeitigen Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, Brandenburgs Ressortchef Michael Stübgen (CDU), wie der »Tagesspiegel« berichtete. »Der Rechtsstaat muss und wird hierauf mit einem harten Vorgehen und weiteren Schutzmaßnahmen für die demokratischen Kräfte in unserem Land reagieren«, hatte Faeser zuvor erklärt. Mit Agenturen