»Auch jetzt werden nur über die Presse scheibchenweise die Kürzungen bekannt, statt sie direkt transparent ans Parlament und die Öffentlichkeit zu kommunizieren«, empören sich die Fraktionsvorsitzenden der Grünen Bettina Jarasch und Werner Graf in einer Pressemitteilung am Mittwoch. Der Partei zufolge räche sich nun die Politik des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner [1](CDU) aus dem vergangenen Jahr, ohne Gegenfinanzierung »allen alles zu versprechen«. So werde die Koalition der Hauptstadt nicht gerecht, heißt es weiter.
Grund der Empörung sind die Haushaltskürzungen, die am Dienstag vom Finanzsenator Stefan Evers (CDU) vorgestellt wurden. So gibt es drastische Kürzungen bei Berliner Hochschulen und beim 29-Euro-Ticket[2]. Waren ursprünglich 1,21 Milliarden Euro für akademische Institutionen vorgesehen, reduziert sich der Betrag um 55,2 Millionen Euro – 4,56 Prozent von dem, was den Universitäten anfänglich zustand.
Auch bei der Fortsetzung des noch nicht eingeführten 29-Euro-Tickets könnte Berlin zum Jahresende bereits die Endstation erreicht haben. Denn die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) müssen auf Zuschüsse in Höhe von 20 Millionen Euro verzichten. Verkehrs- und Mobilitätssprecherin Britta Elm antwortet auf Anfrage des »nd«, dass das Ticket »fürs Erste durchfinanziert« sei und weitere Überlegungen ab 2025 Bestandteil laufender Beratungen seien. Oda Hassepaß von den Grünen äußert demgegenüber, dass sich das 29-Euro-Ticket für das Land Berlin finanziell gesehen als »Glücksfall« erweise, da sich die Nachfrage bislang ohnehin in Grenzen halte. »Das Berliner-Extrawurst-Ticket kostet das Land viel und bringt den Menschen wenig«, sagt sie gegenüber »nd«. Die Einführung des Deutschlandtickets sei eine Revolution gewesen, ein teures Konkurrenzangebot indes unvernünftig.
Während die Verkehrssprecherin der Grünen angesichts der Kürzung des Tickets keine Tränen vergießt, spricht Daniel Wesener, ebenfalls Mitglied der Grünen und Sprecher der Kulturfinanzierung[3] von einer »Liste der Schande«: So würden CDU und SPD mit ihren Kürzungen einen »kulturpolitischen Scherbenhaufen« hinterlassen. Denn die Kulturszene, für die die Hauptstadt bekannt ist, muss ebenfalls einstecken. Über 20 Millionen Euro, die für Erinnerungskultur, Stadtteil-Bibliotheken, den Friedrichstadtpalast oder Mindestgagen vorgesehen waren, sollen eingespart werden. Insbesondere Kinder- und Jugendtheater sowie Bereiche, die unter prekären Bedingungen arbeiten, seien stark betroffen. Dem »nd« gegenüber kommentiert Wesener, es sei auffällig, dass »so gut wie alle Bereiche« von den Kürzungen betroffen seien, »nur nicht der Senat selbst«; dieser habe sich »eine deutliche Aufstockung der eigenen Amtsausstattung genehmigt«.
Der finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion Steffen Zillich kritisiert die allgemeine Konzeptlosigkeit der Koalition. So hätte der Landeshaushalt vor einem halben Jahr beschlossen, wie viel Geld ausgegeben wird. »Schon da haben wir kritisiert, dass die Haushaltsentscheidungen Makulatur sind, weil sie auf
ungedeckten Schecks basieren. Das bestätigt sich jetzt«, sagt er dem »nd«. Er spricht von nachhaltig schlimmen Folgen, da »niemand weiß, wie es weitergeht«.