Seitdem durch die Correctiv-Recherchen Anfang des Jahres[1] die »Remigrationspläne« der AfD einer breiten Öffentlichkeit ins Bewusstsein gelangt sind, ist die Frage groß, wie mit der extrem rechten Partei umzugehen ist. Hunderttausende demonstrierten gegen die AfD und Rassismus. Doch bei den Wahlen[2] machte der Protest gegen die AfD wohl keinen ausschlaggebenden Eindruck. Im Osten wurde die Partei flächendeckend stärkste Kraft und auch im Westen unterlag sie im Kampf um den ersten Platz oft nur knapp.
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Was also tun gegen eine Partei, der man unterstellen kann, dass sie millionenfach Menschen abschieben will, dass sie Deutsche mit Migrationshintergrund zu Menschen zweiter Klasse machen und Frauen zurück an den Herd schicken will? Nun, wenn man sich sicher ist, dass eine Partei die Grundpfeiler der Demokratie angreift, dann gibt es die Möglichkeit, sie zu verbieten. Mit der SRP (Nazis) und der KPD (Kommunisten) geschah das in der Geschichte der Bundesrepublik zweimal in den 50er Jahren. Ein Verbotsverfahren gegen die NPD (mittlerweile: Die Heimat) scheiterte vor wenigen Jahren. Eines der zentralen Argumente: Die Nazipartei sei zwar verfassungsfeindlich, aber zu irrelevant, um ihre Ziele zu erreichen.
Gegen die AfD zählt das Argument der mangelnden Relevanz nicht. Julia Dück von der Kampagne »AfD-Verbot jetzt!«[4] erklärt, Gründe für ein Verbot gebe es genug: »Die AfD ist eine konkrete Gefahr für das Leben unzähliger Menschen in diesem Land. Sie propagiert rassistische Diskriminierung und greift damit die Menschenwürde an.« Zu den Unterstützer*innen der Kampagne gehört Ulrich Schneider. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands erklärte am Montag bei einer Pressekonferenz, dass er es 75 Jahre nach der Verabschiedung des Grundgesetzes »niemals für möglich« gehalten hätte, dass sich wieder eine Partei bilden würde, die »die Gleichwertigkeit und Gleichwürdigkeit aller Menschen« in Frage stellt. Vulnerable Gruppen, für die der Paritätische als Wohlfahrtsverband stehe, würden von der AfD angefeindet oder ausgegrenzt. Schneider zieht daraus einen Schluss: »Wir sollten aus unserer Geschichte gelernt haben und müssen uns wehren.«
Ziel der Kampagne »AfD-Verbot jetzt!« ist es, erst einmal eine Mehrheit der Abgeordneten des Bundestags von einem AfD-Verbotsantrag zu überzeugen. Dafür will man in den nächsten Wochen auf alle Abgeordneten zugehen und sie zu einer Positionierung auffordern. Jens-Christian Wagner, Direktor der Gedenkstätte Buchenwald, unterstützt das Ziel der Kampagne. Ein Verbot nennt er die »Ultima Ratio« in einem Rechtsstaat, und erklärt gleichzeitig, dass es eine Lehre aus dem Nationalsozialismus sei, »dass man verfassungsfeindlichen Parteien die Möglichkeit nehmen muss, die Demokratie zu missbrauchen, um sie abzuschaffen«. Wagner zieht daraus eine klare Schlußfolgerung: »Deshalb sind Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat aufgefordert, ein Verbot der AfD, die offen rechtsextrem und verfassungsfeindlich auftritt, nun endlich ernsthaft juristisch zu prüfen.«
Gesellschaftlich ist das Thema AfD-Verbot in den vergangenen Wochen aus dem Fokus geraten. Die Correctiv-Recherchen hatten zu einer kurzen Debatte geführt. Bei Ampel und Union spricht sich bislang jedoch ein Großteil der Abgeordneten dafür aus, die AfD inhaltlich zu stellen. In der radikalen Linken gibt es die Auffassung, ein AfD-Verbot könne man nur »selber machen«. Unter diesem Motto ruft die Interventionistische Linke zu Blockaden[5] des AfD-Parteitags Ende Juni in Essen auf.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1183029.extreme-rechte-afd-verbot-aus-der-geschichte-gelernt.html